Redebeitrag Tag gegen Gewalt an Frauen 25.11.2025 – Antifeminismus

Dieser Text dokumentiert unseren Redebeitrag auf der Demonstration am 25. November 2024 in Aachen, dem Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Diese Demonstration wurde von unseren Genossinnen vom Bündnis für ein Ende der Gewalt organisiert.

Antifeminismus der Neuen Rechten

Was wir derzeit erleben, ist ein antifeministischer Rollback in nahezu allen westlichen Demokratien und darüber hinaus. Dies hängt unmittelbar mit dem Erfolg der Neuen Rechten zusammen, deren Antifeminismus zentraler ideologischer Bestandteil und trotz aller sonstigen Differenzen länderübergreifend feststellbar ist.

Der Kampf gegen Gewalt an Frauen wird immer mehr ein politischer Abwehrkampf gegen  die Gefahr von Rechts. Und angesichts der erneuten Wahl eines Vergewaltigers und Rassisten zum US-amerikanischen Präsidenten erscheinen solche Kämpfe gleichzeitig notwendiger wie auch hoffnungsloser.

Ein Blick nach Russland zeigt eine neue Stufe dystopischer Entwicklungen im antifeministischen Kampf der Rechten. Dass Frauen selbstbewusst für ein Leben ohne eigene Kinder einstehen wollen, soll neuerdings aus der russischen Öffentlichkeit getilgt werden, notfalls mittels horrender Geldstrafen. In keinem Film und keiner Serie sollen mehr Lebensmodelle dargestellt werden dürfen, die nicht einem heteronormativen Bild von Mann, Frau und möglichst vielen Kindern entspricht. Kinder gebären gilt nun als patriotische Pflicht und offenbart einen weiteren völkischen Turn im faschistischen Regime Russlands.

Die Kumpanei Putins mit anderen erzpatriarchalen Staaten wie der islamischen Republik und Nordkorea oder mit faschistoiden Politikern und Parteien, wie Trump, der AfD und dem Orban-Regime ist dabei keineswegs dem Zufall geschuldet. Diese Entwicklung ist Teil eines globalen Trends hin zum Autoritarismus, in welchem Frauen, Homosexuelle und Queers entweder eine reproduktive oder gar keine Rolle zugesprochen werden.

Eine Partei wie die AfD will sich dabei andauernd als Schutzpatron deutscher Frauen profilieren. Nicht selten ist die Partei die allererste und vor allem lauteste, die sich beim publik werden von Vergewaltigungen oder Femiziden auf echauffiert. Doch bei näherer Betrachtung fällt auf, dass dies nur der Fall ist, wenn der Täter dabei in ein bestimmtes migrantisches oder religiöses Profil passt.

Denn der AfD geht es in diesen Fällen genauso wenig um den Schutz und das Wohlergehen der Opfer, wie um eine fundierte Kritik an patriarchalen und frauenfeindlichen Ideologien innerhalb institutionalisierter Religionen. Die Opfer sexueller Gewalt werden schlichtweg instrumentalisiert, um die eigene Fremden- und Islamfeindliche Propaganda weiter zu schüren. Die zum Opfer gewordenen Frauen werden abermals zum bloßen Objekt degradiert.

Die Täter werden weniger wegen ihrer Übergriffigkeit und ihres Maskulinismus sondern wegen ihrer Herkunft markiert und dienen dabei als Projektionsfläche des eigenen unterdrückten Begehrens. Denn wer als heterosexueller Mann in einer patriarchalen Gesellschaft wie der unsrigen aufwächst, der wird nicht selten ein unterdrückendes und objektifizierendes Begehren gegenüber Frauen entwickeln. Da wir glücklicherweise in einer Epoche der Zivilisation leben, in der beispielsweise Vergewaltigung unter Strafe steht, werden einige dieser Triebe unterdrückt, um ein Leben mit anderen Menschen zu ermöglichen. Als Projektionsfläche dient dann der rassifizierte mit seiner angeblich zügellosen Sexualität oder seinen gegen Frauen gerichteten Repressionsapparaten, den man letztlich genauso beneidet wie verachtet.  Diese ewig alte Herleitung des Rassismus bleibt weiterhin aktuell.

Doch der Faschismus ist mehr als nur die bloße Projektion der eigenen Wünsche auf den Unterdrückten: Er verspricht eine Befreiung.

Dies ist der entscheidende Kern faschistischer Ideologie: Die Zwänge moderner, zivilisatorischer Gesellschaften abzuwerfen, sich regelrecht von ihnen zu befreien. Doch diese Freiheit ist eine Pervertierte Freiheit. Was der Faschismus verspricht, ist, selbst unterdrücken und unterjochen zu dürfen. Wenn ein ultrarechter US-amerikanischer Republikaner von Freiheit spricht, dann meint er nicht die, über den eigenen Körper entscheiden zu können, sondern sich die Freiheit anzueignen, über andere Körper und Leben zu bestimmen. Ein Vergewaltiger wie Donald Trump wird also nicht trotz seiner Verurteilung zum Präsidenten gewählt, sondern gerade deshalb. Er ist die Verkörperung des faschistischen Freiheitsversprechens über andere Körper – und damit sind insbesondere die Körper von Frauen gemeint – verfügen zu können, ohne dass Konsequenzen drohen, schließlich kann man so sogar Präsident der USA werden.

Das faschistische Versprechen von Freiheit ist auch eines von Erlösung. Denn sei es die eigene Männlichkeit oder die herbeifantasierte völkische Identität: Es gibt immer einen Feind, den es zu bekämpfen oder gar auszumerzen gilt, seien es die Juden, die Globalisten, Sinti & Roma, der Islam oder eben die Feministinnen.

Und die wirkmächtige Erzählung der neuen Rechten funktioniert: Der Feminismus sei schuld am demographischem Wandel,  der eigenen sexuellen Erfolglosigkeit, oder was sonst noch gerade die eigene männliche und nationale Identität in Frage stellt. Und wie befreit man sich von diesem Feminismus? Natürlich durch den Kampf und zwar in alter, soldatischer Manier.

So sagte Björn Höcke 2015 in einer Rede in Erfurt:

„Das große Problem ist, dass Deutschland, dass Europa ihre Männlichkeit verloren haben. Ich sage: Wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken. Denn nur, wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, werden wir mannhaft! […] und nur, wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft. Und wir müssen wehrhaft werden, liebe Freunde!“

Faschismus kann nicht ohne Maskulinismus, Kampf und Gewalt existieren. Und es sind eben diese Mittel, welche zur oben genannten Erlösung führen sollen. Immer mehr, insbesondere junge Männer fühlen sich von solchen Worten angesprochen. Sei es über social Media oder in den Reden faschistischer Agitatoren wie Björn Höcke : Männliche Jugendliche driften in Deutschland immer weiter nach rechts ab und bilden dabei auch global betrachtet eher die Regel als die Ausnahme. Der Antifeminismus dient dabei als zentrales Bindeglied, um die gekränkten Männlichkeiten für den Faschismus mobil zu machen.

Letztlich steht es außer Frage, dass es reale Verhältnisse gibt, derer wir uns entledigen müssen. Der Anlass der heutigen Kundgebung zeigt das mehr als dringlich auf. Doch die Antwort darauf kann keinesfalls eine Verschärfung der Zustände hin zum Faschismus sein. Unsere Antwort darauf ist und bleibt Feminismus und Antifaschismus.

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