Seit langer Zeit kämpfen Feministinnen auf der ganzen Welt gegen die patriarchale Unterdrückung und die kapitalistische oder feudale Ausbeutung. Der 8 März, der internationale Welt Frauenkampftag, ist zum Symbol dieser Kämpfe geworden. Er wurde auf der zweiten internationalen Frauenkonferenz in Kopenhagen 1911 eingeführt. In den letzten 103 Jahren wurden zahlreiche Kämpfe von Frauen geführt: angefangen bei den Textilarbeiterinnen in New York, über die schwarze Frauenbewegung, die Feministinnen der 70er und 80er Jahre, bis hin zu den heutigen Kämpfen der Textilarbeiterinnen in Bangladesch, Frauen in der kurdischen Gurillabewegung, Feministinnen in Afghanistan und der Pro Choice Bewegung, sowie vielen anderen feministischen Bewegungen.
Trotz zahlreicher Kämpfe ist die heutige Gesellschaft längst keine befreite. Sie ist nach wie vor eine patriarchale. In ihr werden Menschen in Männer und Frauen eingeteilt. Beiden Geschlechtern werden bestimmte Rollen und damit verbunden Aufgaben zugeschrieben, die auch hierarchisch bewertet werden. Männer erledigen produktive Arbeit, wie das Geldverdienen, während Frauen für reproduktive Arbeiten, wie Haushalt, Erziehung etc., zuständig sind. Damit verfügen Männer über mehr gesellschaftliche und materielle Ressourcen als Frauen. Damit der patriarchale Konsens bestehen kann, werden Frauen mit Hilfe von Sexismus immer wieder unterdrückt.
Konkret bedeutet das, dass Männer immer noch mehr Lohn bekommen, dass immer noch mehr Männer als Frauen in Führungsebenen anzutreffen sind und dass immer noch überwiegend Männer politische Entscheidungen prägen. Dies bedeutet in einem kapitalistischen System, dass Frauen in eine ökonomische Abhängigkeit gedrängt werden, mit der weiter Abhänigkeitsmechnismen einher gehen. Jedoch muss sich an dieser Stelle ein emanzipatorischer Feminismus davon abgrenzen, rein ökonomisch zu argumentieren. Genau in diese Kerbe schlagen die momentan geführten wirtschaftlichen Diskussionen um die Gleichstellung von Männer und Frauen. Dieser Ansatz des bürgerlichen Feminismus ist abzulehnen, weil er Frauen lediglich der kapitalistischen Verwertungslogik zugänglich machen möchte.
Frauen sind von Alltagssexismen umgeben. Es prasselt jeden Tag sexistische Werbung auf Frauen ein, sie müssen bestimmten Schönheitsidealen entsprechen und immer noch bestimmt der Mann, wie weibliche Sexualität auszusehen hat. So herrscht in Deutschland nach wie vor nur eine formale Gleichstellung zwischen Männern und Frauen.
Der wirtschaftslogische Ansatz thematisiert auch nicht sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen, sowie den Umgang mit jener.
Bei der Studie „Lebenssituationen, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ handelt es sich um eine repräsentative Befragung von Frauen zum Thema Gewalt gegen Frauen. Es wurden 10.000 Frauen befragt. Sie sind im Alter zwischen 16 und 85.
- Jemand Unbekanntes: 14,5%
- Flüchtige Bekannte: 22,3%,
- Ausbildung, Arbeit, Schule: 11,8%,
- (Ex)Partner(innen)/GeliebteR: 49,3%
- Jemand aus der Familie: 10,1%
- Freunde, Bekannte, Nachbarn: 19,8%
- Betreuungspersonen/prof. Helfer/sonstige: 3,8%
- 99% der Täter sind Männer
Diese Studie zeigt, dass die meisten Frauen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht haben. Zudem wird klar, dass die Täter meist aus dem direkten Umfeld der Frauen stammten. Das bedeutet, dass der Vergewaltigungsmythos, vom unbekannten Täter in einer dunklen Ecke, der in der Gesellschaft vorherrscht, nicht stimmt. So sind Frauen sexualisierter Gewalt in ihrem Alltag ungeschützt ausgesetzt. Je enger die Beziehung zwischen der Betroffenen und dem Täters ist, desto verständnisloser reagiert der Bekanntenkreis, wenn eine Vergewaltigung thematisiert wird.
Sexualisierte Gewalt ist ein massiver Angriff auf körperliche und psychische Unversehrtheit der betroffenen Person, was für die Betroffene häufig weitläufige psychische Konsequenzen hat. So geht ein sexualisierter Übergriff häufig mit einer Traumatisierung der Person, die sexualisierte Gewalt erfahren hat, einher. Eine Traumatisierung stellt eine Erschütterung des Selbst- und Weltbildes nach einer massiven Gefahr auf die eigene körperliche und seelische Unversehrtheit dar. Die Gefahr und Gewalt, die in dieser Situation wahrgenommen wird, wird als so massiv bewertet, dass die herkömmlichen Bewältigungsmechanismen (Weglaufen/Erstarren/Angriff) nicht mehr ausreichen. Bei einem Trauma wird die für das eigene Überleben bedrohlich erfahrene Situation von der Psyche abgespalten, so dass ein Weiterleben möglich ist. So können sich Betroffene nur noch schemenhaft oder gar nicht an die Gewaltsituation erinnern. So zeugt eine lückenhafte Schilderung eines Gewaltereignisses durch die betroffene Person nicht von ihrer mangelnden Glaubwürdigkeit, sondern viel mehr von der Größe der ihr zugefügten psychischen Verletzung. Dies wird in der Psychologie als Posttraumatische-Belastungsstörung bezeichnet (PTBS). Nach der Traumatisierung ist es möglich, dass die Person die bedrohliche Situation immer wieder durchleben kann, wenn gewisse Schlüsselreize (Trigger) wahrgenommen werden. Dieses Durchleben kann sowohl auf einer bewussten Ebene als auch auf einer unbewussten stattfinden. Häufig meiden Betroffene gewisse Situationen, um diesen Schlüsselreizen zu entgehen.
Nichtsdestotrotz liegt in der Gesellschaft die Beweislast für eine Vergewaltigung bei der betroffenen Person. Sie muss nachweisen, dass sie sich gegen den Täter gewehrt hat. Dafür reicht ein “nein” der Betroffenen nicht aus. Auch ist es nicht ausreichend für deutsche Gerichte, dass die betroffene Person, während der ganzen Vergewaltigung geweint hat. Sie muss sich ausreichend körperlich wehren und dies auch nachweisen. Der Gesetzgeber verlangt eine lückenlose, detaillierte Darstellung des Geschehenen, was faktisch unmöglich ist. Diese Darstellung muss bei unterschiedlichen Stellen wiederholt werden (z.B. Ärzte, Anwälte, Gericht,Polizei), so dass eine ständige Konfrontation mit dem Geschehenen passiert. Teilweise werden von Psychologen Glaubwürdigkeitsgutachten erstellt. Zudem sind “objektive” Beweise notwendig. Und die Betroffenen müssen sich einem menschenverachtenden Verhör unterziehen, in dem immer wieder ihnen die Schuld zugeschoben wird mit Fragen wie: Was hatten Sie an? Wie kurz war ihr Rock? Etc. Wenn die Betroffene dies alles nicht erbringen kann, dann wird zu Gunsten des Täters geurteilt.
Darum sind sexualisierte Übergriffe gegen Frauen in unserer Gesellschaft kein Verstoß gegen eine Norm, sondern die Regel.
Aus diesem Grund ist der 8 März als Symbol immer noch wichtig. Es ist einerseits wichtig sich der geführten feministischen Kämpfe und Diskussionen bewusst zu werden, andrerseits ist es notwendig weiterhin patriarchale und kapitalistische Strukturen aufzuzeigen und zu bekämpfen. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass wir alle in einer von Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und anderen Unterdrückungsmechanismen geprägten Gesellschaft sozialisiert wurden, das Bedeutet, dass wir alle diese Ismen verinnerlicht haben, es ist wichtig dies zu reflektieren und solidarisch gemeinsam zu handeln.