Wir luden am Samstag, den 21. Januar, mit afghanisch Geflüchteten zusammen zu der Demonstration keine Abschiebung in Krisengebiete ein. Anlass für dafür ist die mögliche nächste Sammelabschiebung nach Afghanistan, welche Ende Januar stattfinden soll. Bis zum 26. Januar will das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob diese Vorgehensweise rechtens ist. Bereits im Dezember fand die erste Sammelabschiebung mit 50 Personen statt. Hauptsächlich junge Männer saßen in diesem Flieger. Zwei von diesen Abschiebungen wurden durch das Bundesverfassungsgericht gestoppt.
Doch wie kam es zu dieser Situation? Unterschiedliche Politiker_innen der etablierten Parteien, wie beispielsweise Horst Seehofer, drängen dahin Afghanistan als sicheren Herkunftsstaat anzuerkennen, um afghanische Geflüchtete mit einem abgelehnten Asylantrag abzuschieben. Doch diese Behauptung ist falsch. Schließlich starben nach Angaben von Pro Asyl 1600 Menschen in der ersten Jahreshälfte 2016 bei Anschlägen. Über 3000 wurden verletzt. Trotzdem argumentiert die Bundesregierung, dass einige Provinzen sicher seien. In Widerspruch zu dieser Behauptung steht der Angriff auf die ständige deutsche Vertretung in Mazar-e-Scharif, welche stundenlang durch die Taliban attackiert wurde, wobei sechs Menschen getötet und über 100 verletzt wurden. Genau jene Gegend um die Stadt im Norden des Landes wird als eine der sichersten deklariert. Der afghanischen Regierung wird im Zuge der Rücknahmen von 12.539 Personen bis zu 1,7 Milliarden Euro von deutscher Seite ausgezahlt. Alle beteiligten Staaten wollen ca. 80.000 Menschen abschieben und zahlen dafür in den kommenden Jahren insgesamt 13,6 Milliarden Euro an den afghanischen Staat. Menschenleben werden hier in Geld aufgewogen, verschachert und dazu benutzt ein Grenzregime gleich einer Festung zu errichten.
Diesen Zustand wollten wir nicht einfach schweigend hinnehmen. Zusammen mit afghanischen Geflüchteten versammelten sich über 100 Menschen. Redebeiträge in Deutsch und Farsi stellten die Situation in Afghanistan sowie die unterschiedlichen Erfahrungen afghanischer Geflüchteten in Deutschland dar. Anschließend zog die Demonstration Richtung Hauptbahnhof. Die Forderungen der vorwiegend jungen Menschen bezogen sich dabei nicht nur auf den Abschiebestopp nach Afghanistan sondern viel mehr kritisierten sie die deutsche Asylpolitik und den damit einhergehenden verschärften nationalistischen Konsens. Nach abschließenden Redebeitragen am Bahnhofsvorplatz, welcher sich in direkter Nähe zum Ausländeramt und dem Hauptgebäude der Bundespolizei befindet, zog die Menge ins Autonome Zentrum. Dort feierten wir gemeinsam zu Klängen afghanischer Musik den Abschluss eines durchweg positiven Demotages.
Wir fordern den sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan sowie in alle anderen Gebiete. Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen der europäischen und deutschen Asylpolitik.
Grenzen beseitigen, Nationalismus überwinden!