Wenn wir über die AfD sprechen, muss uns bewusst sein, dass diese wegen ihres Rassismus, Antifeminismus und zum Teil auch wegen ihres Sozialchauvinismus Erfolge hat. Die Auseinandersetzung mit der AfD muss daher auch abseits ihrer (und im umgekehrten Sinne vielleicht auch unserer) „Kernkompetenzen“ geführt werden.
Die Dekarbonisierung des Abendlandes
Während rassistische, geschichtsrevisionistische oder andere menschenfeindlichen Aussagen von Vetreter*innen der AfD immer wieder für neue Skandale sorgen und die damit gewollte Diskursverschiebung weiter voranschreitet, sind deren rückwärtsgewandte Denkansichten in Klima-, Energie- und Umweltpolitik so gut wie kein Thema in der Auseinandersetzung mit der AfD. Bereits die ersten Tage der Amtseinführung von Donald Trump in den USA machten deutlich, welche gefährlichen Konsequenzen auf eine progressive Forschung die Ignoranz einzelner gegenüber fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen hat.
Es ist Fakt, dass sich das Klima gerade verändert. Genauso wie es eine Tatsache ist, dass die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde seit Millionen von Jahren einer ständigen Veränderung unterworfen ist. Besorgniserregend ist hierbei vor allem die Geschwindigkeit mit der diese Veränderung gerade von statten geht. Seit der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts und der Freisetzung von fossilem Kohlenstoff in Form von Kohlenstoffdioxid ist dieser Anstieg signifikant. Die Erdoberfläche erwärmte sich dabei in den letzten 70 Jahren stärker als in knapp 10000 Jahren davor. Die AfD leugnet dies nicht direkt, stellt jedoch den Einfluss des Menschen auf diese Veränderung in Frage und deutet den aktuellen Klimawandel als ein naturgegebenes Phänomen.
Die Aussage aus dem Bundesparteiprogramm „Kohlenstoffdioxid ist kein Schadstoff sondern unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens“ ist nur bis zu einem gewissen Maß richtig. Es stimmt, dass beim biologischen Prozess der Photosynthese Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff umgesetzt wird, der wiederum zum atmen (wobei beim Atmungsprozess wieder Kohlenstoffdioxid entsteht) erforderlich ist, und der Kohlenstoffanteil ins Pflanzenwachstum eingeht, was Grundlage für die (menschliche) Ernährung bietet. Völlig falsch ist jedoch eine unproblematische Sicht auf hohe Konzentrationen des bei Verbrennungsprozessen erzeugten Kohlenstoffdioxids in der Atmosphäre. Eine erhöhte Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre erhöht den Treibhauseffekt und führt damit zu höheren Temperaturen auf der Erde. Ein anschaulicher Vergleich der Notwendigkeit von Kohlenstoffdioxid in einem natürlichem Kreislauf ist Zucker: Die Aufnahme von Zucker (auch in Form sonstiger Kohlenhydrate) ist für ein Überleben essentiell, wohingegen jedoch ein übermäßiger Zuckerkonsum schädlich ist.
Besonders betont wird von der AfD immer wieder der Schutz der Heimat bzw. der heimischen Natur, die allerdings auch durch genau den sich gerade vollziehenden Klimawandel gefährdet ist. In Mitteleuropa wird durch das herrschende gemäßigte Klima vermutlich weiterhin relativ problemlos Leben möglich sein. Allerdings sind die Folgen in anderen Regionen der Welt beispielsweise durch Hungersnöte in Folge von Dürreperioden deutlich schwerwiegender. Eigentlich sollte sogar die Bekämpfung des Klimawandels selbst mit dem kruden menschenverachtenden Weltbild der AfD in deren Interesse sein, da große Migrationsbewegungen auch bzw. historisch gesehen fast immer eine Reaktion auf klimatische Veränderungen waren. Alternative klimaneutrale Energieproduktionen werden von der AfD mit Ausnahme der Atomkraft abgelehnt. Windräder seien eine Gefahr für die heimischen Vögel und würden außerdem das Landschaftsbild stören. Das jedoch alte Wälder mit ihrer beheimateten Tier- und Pflanzenwelt wie der Hambacher Forst in der Nähe von Aachen für die ineffiziente Kohleverstromung weichen müssen bzw. mussten und riesige Löcher in der „deutschen Landschaft“ zurücklassen, stört dabei jedoch nicht.
Anders sind die Aussagen zur Atomkraft. Hier möchte die AfD den beschlossenen Ausstieg rückgängig machen. Zwar wird auch von der AfD die Atomenergie nur als notwendige Übergangslösung betrachtet, fordert jedoch deren intensivere Nutzung auch durch weitere Forschung zu erhöhen. Welche umweltfreundliche und nachhaltige Energieerzeugung jedoch auf die Atomkraft folgen soll ist unklar, da die bekannten regenerativen Energien wie Windkraft und Solarenergie wie bereits beschrieben abgelehnt werden.
Insgesamt gilt für die Klima- und Umweltpolitik der AfD das gleiche rückwärtsgewandte Bild wie auch für ihre restliche Ausrichtung. Eine klare Linie ist dabei nicht erkennbar, die durch wirre Aussagen im Parteiprogramm auf die Spitze getrieben werden.
Ein Beispiel:
“Unter dem Schlagwort „Klimaneutrales Deutschland 2050“ durch „Dekarbonisierung“ missbraucht die deutsche Regierung die steigende CO2-Konzentration zur „Großen Transformation“ der Gesellschaft, mit der Folge, dass die persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt wird.”
Vielmehr fordert die AfD die Wiederherstellung eines Status Quo von vor 20 Jahren, dessen Ausrichtung als eine versuchte Anbiederung an die Energiekonzerne und deren kapitalfreundliche Forderungen gedeutet werden kann. Sich völlig widersprechende Standpunkte werden dabei ignoriert um zum einen bei einem verkürzten Naturschutz anschlussfähig zu bleiben und zum anderen alte Feindbilder zu bedienen. Dabei werden ergebnisoffene wissenschaftliche Diskussionen bewusst falsch wiedergegeben, aber auch Behauptungen aufgestellt, die jeglicher wissenschaftlicher Grundlage zuwiderlaufen.
Die AfD ist auch abseits ihrer menschenverachtender Positionen ein Sprachrohr und Sammelbecken für gefährliche und ignorante Aussagen, denen entschieden widersprochen werden muss.
Lesempfehlung zum Thema:
Susanne Götze, Sandra Kirchner, Die Umweltpolitik der Alternative für Deutschland (AfD) – Eine politische Analyse, Heinrich Böll Stiftung, 2016. (online verfügbar)
Dieser Text bezieht sich auf die Aussagen im Bundesparteiprogramm der AfD von 2016.