Wir möchten euch herzlich zu #Feminismus unserer feministischen Vortragsreihe in Aachen einladen.
22.04.2019 Roswitha Scholz – Simone de Beauvoir heute
Simone de Beauvoirs Buch „Das andere Geschlecht“ spielte in der feministischen Theorie/Genderforschung lange keine Rolle mehr. Heute erinnert man/frau sich wieder an sie. Dies dürfte nicht zuletzt einem Selbstreflexivwerden von Feminismus und Genderforschung in der gegenwärtigen Krisensituation geschuldet sein. Dabei stellen sich die Fragen des „Wie weiter?“ und „Was kommt nach der Genderforschung?“. In den 1970er Jahren hatte sich insbesondere ein Gleichheitsfeminismus mit dem Slogan „Man wird nicht als Frau geboren, sondern dazu gemacht“ auf de Beauvoir berufen. Ein Differenzfeminismus bezichtigte sie sodann, männliche Normalitätskriterien auf Frauen anzuwenden. Schließlich wurde ihr in den 1990er Jahren von einem dekonstruktiven Feminismus vorgeworfen, trotz all ihrer Kritik der hierarchischen Geschlechterverhältnisse einem dualistischen Denken verpflichtet geblieben zu sein und eine erneute Herstellung von Zweigeschlechtlichkeit betrieben zu haben. In dem Vortrag wird eine zeitliche Einordnung des „anderen Geschlechts“ und seiner Bedeutung vor dem Hintergrund der Wert-Abspaltungskritik versucht sowie auf Aspekte hingewiesen, die durchaus noch heute Aktualität beanspruchen können.
22.04 // 18:00 // Ort wird auf Anfrage bekannt gegeben, schickt uns eine Mail unter diskursiv-aachen[ät]riseup.net
22.05.2019 Kirsten Achtelik – Kulturkampf und Gewissen. Medizinethische Strategien der »Lebensschutz«-Bewegung
Die »Lebensschutz«-Bewegung will in die Offensive: Sie möchte nicht nur die Zugänge zu Schwangerschaftsabbrüchen erschweren, sondern führt auch einen Kulturkampf zur Retraditionalisierung der Geschlechter- und Familienverhältnisse, um christliche Moral und das ärztliche Gewissen. Damit ist sie Teil eines konservativen bis extrem rechten, in Teilen antidemokratischen, Aufschwungs. Außerdem versucht sie sich mit vermeintlich wissenschaftlichen und ethischen Argumenten einen moralisch integeren Anstrich zu geben. Der Vortrag gibt einen Überblick über die verschiedenen Strategien der »Lebensschutz«-Bewegung, ihre Stärken, Schwächen und internen Widersprüche und liefert damit das Material für eine kritische Auseinandersetzung mit den »Lebensschützern« – und die Grundlage für den nötigen Widerstand.
22.05. // 18:00 // Forum der VHS Aachen // Peterstraße 21-25, 52062 Aachen // barrierefrei
25.05.2019 Andrea Trumann – Materializing Feminism
Buchvorstellung und Vortrag mit Andrea Trumann
Seit knapp dreißig Jahren dominiert in der feministischen Szene die an Judith Butler orientierte Queer-Theorie das Geschehen und bestimmt. Die Idee der Queer-Theorie die dichotome Zweigeschlechtlichkeit zu dekonstruieren, eindeutige Identitätszuschreibungen in Frage zu stellen und „so viele Geschlechter wie Individuen“ auszumachen wirkte auf viele Feministinnen befreiend.
Jedoch erwies sich die Verbalradikalität der Queer-Theorie als Schein, der die kapitalistische Ordnung nicht in Frage stellte, sondern nur um die Anerkennung der Ausgeschlossenen kämpfte. Die Produktionsverhältnisse waren jedoch kein Thema mehr.
Bis vor kurzem gab es eher vereinzelt kritische Stimmen aus einer an materialistischer Gesellschaftskritik orientierten linken Szene gegen das postmoderne Gedankengut und seine Praxis. Dies ändert sich gerade und materialistische Positionen werden wieder vermehrt diskutiert, wie die von Koschka Linkerhand und Patsy LámourLalove.
Das ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass eine materialistische Theorie wieder mehr Zulauf findet, sondern auch, dass die von den Protagonist*innen aus der Queer-Szene initiierten Auseinandersetzungen immer aggressiver geworden sind und die Szene immer autoritärere Züge annimmt.
Von dem, was ehemals an progressiven Inhalten bei der Identitätskritik von Judith Butler zu finden war, ist bei den heutigen Adept*innen nicht mehr viel übrig. Vielmehr geht es heute darum jede Kultur – wie sexistisch und homophob sie auch sein mag, zu schützen und jeder kulturellen Mischung mit Skepsis zu begegnen. Die kulturelle, aber auch die die sexuelle Identität wird zu etwas heiligem, um dessen Erhalt, und Anerkennung jeder Kampf sich lohnt.
Wie könnte dagegen von materialistischer Seite eine Kritik des Geschlechterverhältnisses formuliert werden, die die Errungenschaften des postmodernen Feminismus nicht komplett negiert?
Andrea Trumann stellt hier ihren Vortrag aus dem Sammelband materializing FEMINISM von Friederike Beier, Lisa Yashodhara Haller und Lea Haneberg vor.
Sie arbeitet als Sozialarbeiterin und Autorin in Berlin.
25.05 // 15:30 // KatHO NRW Abteilung Aachen // Robert-Schuman-Straße 25, 52066 Aachen // barrierefrei
04.06.2019 Sebastian Winter – Feindschaft gegen „Gender“ – Sozialpsychologische Überlegungen zu den Geschlechter- und Sexualitätsentwürfen der extremen Rechten
Die „antigenderistische“ Feindschaft gegen Liberalisierungstendenzen im Geschlechterverhältnis ist eine verbindende Klammer der extremen Rechten. Die affektive Attraktivität der mit ihr einhergehenden Projektionsvorgänge lässt sich psychoanalytisch-sozialpsychologisch fassen als ‚Schiefheilung‘ der konfliktreichen Dialektiken intersubjektiver Beziehungen. Klare (Geschlechts-)Identitäten unter dem Dach des Volkes, ihre verleugnete Hierarchisierung und die ‚pathische Projektion‘ alles dabei Störenden auf „die Anderen“ („nordafrikanische Vergewaltiger“) versprechen ein ambivalenzfreies Heil.
04.06. // 18:00 // Forum der VHS Aachen // Peterstraße 21-25, 52062 Aachen // barrierefrei
26.06.2019 Teresa Streiß – „My Feminism will be Anti-Racist or it will be Bullshit!“ – Überlegungen zum Verhältnis zwischen Feminismus und Antirassismus
„Jeder Feminismus muss antirassistisch sein!“, dieser Forderung würde auf den ersten Blick heute wohl niemand von uns ernsthaft widersprechen. Doch was soll das eigentlich genau bedeuten, gerade in einer Zeit, in der die AfD angeblich feministische „Frauenmärsche“ gegen Migration veranstaltet, ex-linke Politblätter das Ende des Patriarchats im Westen als Tatsache und Argument gegen den Islam propagieren und in Teilen der Linken Kritik an weiblicher Genitalverstümmlung als rassistische Überhöhung abgelehnt wird? Die Beziehung zwischen den Kämpfen für die Emanzipation von Frauen einerseits und People of Color andererseits war historisch oft eher von Streit als von gemeinsamen Zielen geprägt und auch heute noch sorgt die Frage nach der richtigen politischen Praxis für heftige Diskussionen. Der Vortrag führt aus materialistischer Perspektive in das Verhältnis zwischen Feminismus und Antirassismus ein. Dabei soll es um historische Entwicklungen, insbesondere die Entstehung der Schwarzen Frauenbewegung, genauso gehen wie um Theoriebildung und aktuelle politische Debatten. Zentrale Konzepte wie „Intersektionalität“, „kultureller Rassismus“ und „Postkolonialismus“ werden eingeführt und auf ihre Auswirkungen auf politische Praxis hin befragt. Über allem steht eine der großen Fragen feministischen Denkens: die nach Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen Frauen und danach, wie ein Kampf für die Emanzipation ALLER Menschen aussehen kann. Über diese und andere Fragen können wir im Anschluss gerne diskutieren.
26.06. // 18:00 Uhr // Raum 214 der VHS Aachen // Peterstraße 21-25, 52062 Aachen // barrierefrei