Redebeitrag anlässlich der Kundgebung am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen* des Aachener Frauenkampftagsbündnisses.
Frauen und die extreme Rechte: zwischen Unterdrückung, Angst und Täterinnenschaft
Nachdem wir uns letztes Jahr mit dem Thema „Incels“ beschäftigt haben, wollen wir dieses Jahr auf Frauen in der extremen Rechten zu sprechen kommen. Nun ist es in diesem Zusammenhang unerlässlich mit gängigen Vorurteilen aufzuräumen, welche auch in der feministischen Bewegung leider oft reproduziert wurden.
Wenn von extremen Rechten, von Nazis, von Faschisten gesprochen wird, sind die Bilder meist auf kämpfende Männer beschränkt. Frauen in der Szene werden als austauschbare Anhängsel, Mitläuferinnen oder eben Opfer der starken Männer gesehen. So wurde im NSU-Prozess oft über Zschäpes Outfit berichtet und irgendwie war der NSU mit den beiden Uwes gestorben, während die Angeklagte eher Zeugin sein sollte, nach dem Motto, wie viel konnte sie gewusst haben. Extrem rechte Frauen werden also mehr als passive Objekte gesehen, als dass sie selbst handelnde Subjekte seien. Doch aktuelle Faschistinnen stellen sich in den Sozialen Netzwerken als völkische Influencerinnen zur Verfügung und treten selbstbewusst auf Demos und Aktionen auf. Auch historisch gesehen spielten Frauen keine rein passive Rolle. Ob als Erzieherin, Missionarin und Großgrundbesitzerin im kolonialen Kontext oder als KZ Wärterin und als oberste Propagandistin in Form von Leni Riefenstahl im Nationalsozialismus. Die Rollen von Frauen in der extremen Rechten sind vielfältig und keinesfalls auf Passivität beschränkt.
Dennoch wäre es falsch zu behaupten, innerhalb der extremen Rechten wären Frauen den Männern gleichgestellt. Frauenpolitik ist immer auch Bevölkerungspolitik gewesen. Das bedeutet der Körper von Frauen wird zum Ort der Auseinandersetzung um die biologische Reproduktion des sogenannten Volkes. Es gibt aber kein eindeutiges Frauenbild. Während es am ganz rechten Rand der Konservativen oft prüde zugeht und klare Rollenverteilung herrscht, sind die Faschist*innen offener, da es sich bei ihnen mehr um die Mobilisierung von Gefühlen und eine Überhöhung der Tat dreht. Auch der Nationalsozialismus schwankte zwischen der Frau als Mutter und Hausfrau, welche das Volk gebärt und den Haushalt schmeißt und der Förderung von Sex vor der Ehe im BDM-Verband. Das man auch Lust und Spaß empfunden hatte während des NS, wurde nach 1945 ungern zugegeben, es passte nicht in das Bild von Deutschland, das man in der Welt verbreiten wollte. Diese Widersprüche wirken bist heute. Einerseits zeigt sich frau aktivistisch und ist es auch, aber propagiert an vielen Stellen ein Frauenbild, welches im Kern konservativ und völkisch ist und bleibt. Und dieses Zurichten, dieses Verweisen auf den vorgesehenen Platz in der Gesellschaft, geht eben oft mit Gewalt einher, mal stellt sie sich subtil dar, oft aber ist sie es nicht. Die Abwehr des Weiblichen ist kein Problem der extremen Rechten alleine, doch bestimmte Männerbilder werden hier auch noch glorifiziert.
Jede Männlichkeit ist fragil und muss gegen vermeintliche Angriffe durch Verweiblichung, Feminismus und Homosexualität oder was man dafür hält, verteidigt werden. Das Militär erweist sich als der perfekte Männerbund zur Verteidigung der Männlichkeit. Frauen spielen meist nur in sexistischen Anekdoten oder aber als Objekte sexualisierter Gewalt im Kriegsfall eine Rolle. Hier können Männer noch ungezwungen Männer sein, so die chauvinistische Träumerei. In der extremen Rechten ist Militarismus nicht ohne Grund ein wichtiges ideologisches Standbein.
Daneben ist der Antifeminismus nach wie vor eine treibende Kraft. Er wurde in der Geschichte meist mit den verschwörerischen Machenschaften des sogenannten Weltjudentums in Verbindung gebracht. Diese würden die sogenannten Völker durch Zersetzung und Gegeneinanderaufhetzen, kontrollier- und beherrschbar machen wollen. In diesem antisemitischen Weltbild sind es dann eben diese Juden, die die Frauen von ihrem angestammten Platz, dem am Herd, weglocken wollten. Durch diesen einfachen Trick sollte die Reproduktion des Volkes in Gefahr gebracht werden. Ein so geschwächtes Volk, so die Antisemiten weiter, ist der Herrschaft der sogenannten Weisen von Zion hilflos ausgeliefert. Diese Vorstellung findet sich auch in ähnlicher Art in der Erzählung vom „großen Austausch“ wieder, der sich in der gesamten Neuen Rechten großer Beliebtheit erfreut. Auch hier ist der Feminismus eine Erfindung des Judentums, um das deutsche Volk durch „Vermischung“ und das Zerstören von Tradition und alten Werten zum Untergang zu bringen, in der Neuen Rechten finden sich diese antisemitischen Vorstellungen jedoch stärker codiert, beispielsweise im Begriff des „Kulturmarxismus“.
Durch diese Erzählung können auch vermeintliche Solidaritätskampagnen wie „120 Dezibel“, das als „me too“ von rechts etabliert wurde, als Farce entlarvt werden. Diese dienen lediglich als Aufhänger rassistischer und antisemitischer Hetze. Wie wenig sich faschistische Männer für Frauen interessieren, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, lässt sich spätestens erkennen, wenn Martin Lichtmesz in der Jungen Freiheit Clint Eastwood als echten Kerl dafür feiert, dass er in einem Film eine Frau vergewaltigt. Auch wenn man sich anders gibt, der Feminismus ist und bleibt der Feind.
Konstruiert wird die durch den Feminismus emanzipierte Frau im Gegensatz zur guten Mutter und Hausfrau – als kommunistische Hure. Sie wird in der Weltordnung faschistischer Männer neben ihrer volkszersetzenden Rolle auch für die Männer als persönlich gefährlich empfunden, da sie psychoanalytisch gesprochen, eine immense und real empfundene Kastrationsangst auslöst.
Die Konstruktion der Frau, sowie auch die des Juden als das Andere, durchzieht die gesamte Tradition der deutschen Nation. Mit dieser Konstruktion lässt sich einerseits in einer klaren Ordnung mit klaren Erklärungen für alles Übel leben, andererseits wird die Ordnung dann auch von diesem Anderen bedroht. Über dieses Bedrohungsszenario wird dann jede Form von Gewalt bis hin zum Mord legitimiert. Denn diese armen Männer verteidigen sich doch nur gegen ihre (imaginierten) und allmächtigen Feinde und dabei darf man bekanntermaßen nicht zimperlich sein.
So verwunderte es nicht, dass es im Vorfeld der Demonstration zum Frauenkampftag am 8. März diesen Jahres, welche vom Bündnis ausgerichtet wurde, zu einem bewaffneten Angriff durch bekannte Nazis der KAL-Nachfolgeorganisation „Syndikat 52“ gekommen war. Dieser fand zwar nicht direkt auf die Demonstration statt, muss aber klar in den Kontext dieser gestellt werden. Am helllichten Tage griffen zwei Personen mit einem Messer, Pfefferspray und Quarzsandhandschuhen aus ihrer Sicht vermeintliche Linke und/oder Demoteilnehmer*innen in unmittelbarer Nähe des Treffpunkts an. Die Gewalt von Neonazis gegen Linke und Feminist*innen stellt aber nur einen Teil der Gefahr dar, welche die extreme Rechte für das gute Leben für alle spielt. Die Befreiung der Frau ist für uns untrennbar mit in einem Kampf um die Emanzipation der Menschheit von aller Herrschaft verbunden.
In diesem Sinne: unser Antifaschismus bleibt feministisch und unser Feminismus antifaschistisch!
Für die Befreite Gesellschaft!