An dieser Stelle dokumentieren wir unseren Redebeitrag, den wir bei der Mahnwache am 13.10.2023 gehalten haben, bei welcher wir den Opfern des antisemitischen Terrors der Hamas am 07.10.2023 gedacht und uns mit den von Antisemitismus bedrohten Jüdinnen und Juden solidarisiert haben.
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen!
Wir stehen hier, weil der Antisemitismus wieder einmal seine blutige Fratze gezeigt hat, eine Fratze, die Vernichten möchte. Viele Hundert Tote und Verletzte sind auf der Seite Israels zu beklagen und mehr als 100 Menschen wurden in den Gazastreifen verschleppt. Die Hamas, also die Muslimbruderschaft in Gaza, ist für diese Angriffe verantwortlich, sie regieren den Gazastreifen seit 2007 allein. Nach dem Abzug der Israelischen Besatzung 2005 gewannen sie die Wahlen und verdrängten danach die Fatah aus dem Gazastreifen. Die Hamas war immer eine Antisemitische Terrorbande, schon in ihrer Gründungscharta bedienen sie sich den Protokollen der Weisen von Zion und sehen im sogenannten „Weltjudentum“ die große Verschwörung gegen die „Völker“ der Welt. Die Erzählung ist klar und bekannt, die Welt wird durch dunkle Mächte gelenkt und alles, was passiert bekommt somit einen Sinn, da es eben diesen Kräften nützt oder deren Plan war. So kann sich ein diffuser Hass auf nicht durchblickte Verhältnisse rationalisieren und als Befreiungskampf umdeuten lassen. Der massenhafte Mord an Juden erscheint den Islamisten als gute Tat, welche die Welt von den Juden befreit. Um die Begeisterung und Schonungslosigkeit der islamistischen Mörderbanden zu verstehen, ist es wichtig sie sich als die Idealisten vorzustellen, die sie glauben zu sein. Denn erst, wenn alle Juden tot sind, kann der Antisemit ruhen und die Welt ist für ihn dann endlich ein besserer Ort geworden. Auch das deutsche Mordkollektiv konnte 1945 nur mit massiver Gewalt daran gehindert werden seine Pläne für eine judenfreie Welt umzusetzen. Der Antisemitismus ist eine apokalyptische Idee, welche immer den Endkampf zwischen Gut und Böse heraufbeschwört und den Mörder als Freiheitskämpfer verklärt.
Doch ist der Antisemitismus leider kein Alleinstellungsmerkmal der Faschisten, Nazis und Islamisten. War Antisemitismus immer schon in allen Teilen der Gesellschaft verbreitet, so auch in linken Kreisen, bildet sich der Antizionismus jedoch als explizit antisemitische Ideologie innerhalb der Linken erst so richtig nach 1945 heraus. Leon Poliakov weist darauf hin, dass der linke Antizionismus in seinen Anfängen noch ein anderer war. Wurde er doch als Konkurrenz zur kommunistischen Idee gesehen, welcher die jüdische Arbeiterklasse zu spalten versuchte. Statt auf weltweite Revolution zu setzen, um endlich Schluss mit Kapital und Staat zu machen, wurden die Hoffnungen auf Rettung vor dem Antisemitismus in einen Nationalstaat gesteckt. Mit Stalin und den internen Säuberungen, welchen auch zahlreiche jüdische Kommunist*innen zum Opfer gefallen sind, begann bei vielen Jüdinnen und Juden die Hoffnung auf eine Klassenlose Gesellschaft, in der sie Platz finden könnten, zu schwinden. Der Zionismus erschien als die realistischere Option und dies sollte sich als wahr herausstellen. In den 1960ern, als die Linke in ihrer internationalen Solidarität immer mehr auf unterdrückte Völker und weniger auf Klassenkämpfe blickte, änderte sich in Deutschland vor allem mit dem 6-Tage-Krieg das Verhältnis zum jüdischen Staat erheblich. Aus der zuvor eher pro-zionistischen Linken, wurde innerhalb kürzester Zeit eine zutiefst antizionistische. Die Beteiligung an der Flugzeugentführung von Entebbe durch die Revolutionären Zellen stellt einen der traurigen Höhepunkte dieser Entwicklungen dar. Bei dem Versuch u.a. RAF Mitglieder aus deutschen Gefängnissen frei zu pressen waren jüdische Passagiere von nicht-jüdischen getrennt und die nicht-jüdischen Geiseln freigelassen worden. Die nötige Debatte in der Linken wurde erst zehn Jahre später begonnen. Seit dem gab und gibt es wenige Linke, denen die Kritik des Antisemitismus innerhalb und außerhalb der Linken ein wichtiges anliegen ist und einen zentralen Punkt innerhalb ihrer Kritik der Gesellschaft einnimmt. In einer solchen Geschichte sehen wir uns als Diskursiv und haben deswegen auch heute hier zu dieser Mahnwache aufgerufen. Adorno schrieb einmal, dass „„Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen [hätte]: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe.“ Der Zionismus ist der Versuch diesem Imperativ gerecht zu werden. Als Linke sehen wir uns in der Pflicht weiter daran zu arbeiten diesen Stand der Unfreiheit zu beenden. Aber wir dürfen nicht vergessen, die politische Linke, Kommunist*innen und Anarchist*innen, konnten die Jüdinnen und Juden in Europa nicht vor der Vernichtung in den deutschen Lagern beschützen, auch wenn sie es versucht haben. Und den Antisemitismus in ihren eigenen Reihen haben sie kollektiv nie aufgearbeitet, dies wäre aber notwendig um eine Gesellschaft,in der jede und jeder ohne Angst anders sein kann, Wirklichkeit werden zu lassen.
In diesem Sinne: Gegen jeden Antisemitismus und Solidarität mit Israel!