Redebeitrag – Afrin

Dies ist ein Aufruf an alle sich mit dem kurdischen Widerstand in den Autonomieregionen in Syrien aktiv zu solidarisieren!
Denn wir sind mit immer mehr Krisen konfrontiert. Der Klimawandel wird noch deutlicher, überall auf der Welt sind Millionen auf der Flucht vor Hunger, Gewalt oder politischer Verfolgung, auf allen Kontinenten bekommen rechte Kräfte starken Zulauf und Regierungen bauen mit dem Argument der Sicherheit ihren Macht-, und Überwachungsapparat weiter aus. Bei all diesen Problemen zeigt sich, dass Konzepte der interkulturellen Verständigung und eine zwischenmenschlich-sensible Kommunikation scheitern. Wenn beispielsweise AfD PolitikerInnen zur Erschießung flüchtender Menschen aufrufen, brauchen wir dringend Ideen, wie wir Menschen diese Hürden überwinden können. Oft wird in der Linken lange diskutiert, wie sich diese zwischenmenschlichen Hürden äußern, z.B. in Formen der Diskriminierung wie Sexismus oder Rassismus. Meistens ist das Ergebnis dieser Diskussionen, dass diese Probleme zu überwinden im Kapitalismus nicht möglich sei. Da wir aber nun alle hier im Kapitalismus leben, bleibt uns nichts anderes übrig als uns auf Bildungsarbeit zu beschränken oder alternative Konzepte zu entwerfen, dafür einen Raum zu schaffen und die Ideen auszuprobieren. Genau das passiert seit 2012 in den syrischen Gebieten Afrîn, Kobanê und Cizîrê, geeint als Autonomieregion Rojava. 
In dem dort angewandten „demokratischen Konförderalismus“ wird mit basisdemokratischen Strukturen eine direkte kommunale Demokratie ermöglicht. Über ein System von Räten wird versucht die gesamte Bevölkerung miteinzubeziehen. Außerdem wird besonders auf die Emanzipation der Frau wert gelegt, weswegen dieser Prozess auch als „Revolution der Frau“ bezeichnet wird. Allein damit sticht Rojava international heraus. Aber auch wirtschaftlich und ökologisch betrachtet werden viele neue Ansätze ausprobiert. Außerdem beherbergt die Region eine Vielfalt an ethnischen und religiösen Gruppen, die sich teilweise vor dem IS dorthin geflüchtet haben. In Rojava leben Menschen kurdischen, arabischen, turkmenischen, armenischen und tschetschenischen Hintegrunds friedlich Seite an Seite und Aramäer/Assyrer, Chaldäer, Eziden und Moslems können ohne Diskriminierung ihren Glauben ausleben. All diese Erfolge machen Rojava zu einem ungemein wertvollen Raum, der uns alle inspirieren kann. 
Jedoch ist dieser Raum nicht ohne Kampf entstanden. Wäre der Wiederstand in Kobane gegen den IS nicht so entschlossen gewesen, wäre Rojava nicht möglich gewesen und die dort lebenden Minderheiten wahrscheinlich dem IS zum Opfer gefallen. Die internationale Gemeinschaft bewunderte den kurdischen Wiederstand und Länder wie die USA unterstützen die YPG in ihrem Kampf.
Doch wo ist diese Unterstützung in Bezug auf Afrin jetzt?
Seit mehr als 20 Tagen läuft nun die „Operation Olivenzweig“ der Türkischen Armee in den kurdischen Gebieten um die Stadt Afrin. Der verheißungsvolle Name trügt bei einem Blick auf die Tatsachen. Diese Offensive ist ein weiterer Schritt der türkischen Regierung, allen voran Recep Tayip Erdogan, ihre Macht zu sichern und auszubauen. 
Seit der Beendigung der Friedensgespräche 2015 seitens der türkischen Regierung mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK hat diese Krieg gegen die kurdische Bevölkerung geführt und sie mit allen Mitteln drangsaliert. Diese Offensive soll offiziell der Terrorismusbekämpfung dienen, ist jedoch ein klarer Versuch die kurdischen Autonomiebestrebungen zu zerschlagen. Die Kämpfer_innen der YPG, die den IS vertrieben haben, werden jetzt als Terrorist_Innen beschimpft. Gleichzeitig belegen Fotos, dass türkische Soldaten und dschihadistische Kämpfer gemeinsam unter der Fahne der türkischen Armee kämpfen. Die Vorwürfe, dass die Türkei IS-Kämpfer unterstützt hat sind jedoch nicht neu. Die gemeinsame Ideologie könnte der internationalen Gemeinschaft allerdings schon länger bewusst sein. Nach all der Repression, der Propaganda, der Gewalt kann Erdogan guten Gewissens als Faschist bezeichnet werden. Allerdings einer, der ein Land regiert das Mitglied der Nato ist, mit dem europäische Regierungen verhandeln und Verträge schließen, die sie abhängig von diesem Diktator machen. Bestes Beispiel der Flüchtlingsdeal!
Das könnte auch der Grund sein warum es außerhalb der kurdischen Gemeinschaft und einigen linken Gruppen kaum laute Stimmen gibt die einen sofortigen Stopp der türkischen Offensive fordern. Hat man vorher die YPG unterstützt, wird ihr jetzt der Rücken zu gekehrt. Eine Intervention durch ein Land wie die USA könnte zu einer internationalen Krise führen. Das ist es den Machthabenden natürlich nicht wert. Dafür stellt der Gesellschaftsentwurf des demokratische Konförderalismus die heutigen Machtverhältnisse zu sehr in Frage. Aber was ist mit uns? Ist es uns das nicht wert aufzustehen, laut zu werden und die Aufmerksamkeit auf den kurdischen Kampf und die fortschrittlichen Ideen zu lenken, und ganz konkret, das sofortige Ende des türkischen Angriffskriegs auf Rojava zu fordern?

Wir denken das ist bitter nötig! Denn eine so klare Front zwischen Faschismus und der Utopie einer befreiten Gesellschaft hat es seit dem spanischen Bürgerkrieg nicht mehr gegeben. Ohne gegenseitige Solidarität und Interesse für andere Gruppen und deren Probleme ist ein Kampf für eine befreite Gesellschaft nicht möglich.
Deswegen informiert & vernetzt euch! Mobilisiert eure Freund_innen, Eltern, Bekannten! Geht auf die Straße! Werdet aktiv!

Für eine Welt jenseits von Staat, Macht und Gewalt!