Kundgebung: Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit für Afghanistan!

via AK Grenzenlose Solidarität Aachen

Kundgebung |  29.05.2021 | 15:00 | Aachen Elisenbrunnen

Am 08. Mai gab es ein Attentat auf eine Mädchen-Schule in Kabul, der Hauptstadt Afghanistans. 58 Schülerinnen wurden dabei getötet. Der Anschlag ist der Letzte in einem endlosen Kreislauf der Gewalt. Dabei werden immer wieder gezielt Frauen, junge Menschen und religiöse oder ethnische Minderheiten wie die Hazara zum Opfer. Dieser Kreislauf dauert nun schon mehr als 40 Jahre. Trotz jahrelangem Einsatz von ausländischem Militär hat sich kaum etwas geändert. Sicherheit und Aussicht auf eine lebenswerte Zukunft gibt es nicht. Korruption, religiöser Extremismus und politische Interessen von Ländern wie Amerika, dem Iran oder Pakistan haben das verhindert. Aber dieses Jahr ändert sich vieles! Die NATO-Truppen ziehen aus Afghanistan ab und im Iran wird bald eine neue Regierung gewählt. Viele Menschen fordern dort das Ende der islamischen Diktatur! Dadurch bekommen auch die Menschen in Afghanistan endlich neuen Spielraum, die Zukunft des Landes selbstbestimmt zu gestalten! Die Chance, ein freieres und gerechteres Afghanistan für alle aufzubauen! Die Chance auf eine demokratische, säkulare statt einer islamischen Republik. Weiterlesen

Redebeitrag auf der Demonstration „Gegen jeden Antisemitismus“

Wir stehen hier heute, weil es in den vergangenen Tagen immer wieder zu Angriffen auf Synagogen gekommen ist. Unter anderem in Münster, Bonn und Gelsenkirchen kam es zu antisemitischen Angriffen oder antisemitischen Sprechchören auf spontanen Demonstrationen. Wie schon 2014 sind militärische Auseinandersetzungen zwischen Israel auf der einen Seite und Hamas und Islamischer Jihad auf der anderen Seite Anlass für Demonstrationen und Anschläge. Ich kann und will hier heute nicht den Konflikt in und um Israel diskutieren, erklären oder gar lösen. Dafür reicht wahrlich nicht die Zeit und beim letzten Punkt stößt man logischerweise an seine Grenzen. Ich möchte daher etwas allgemeiner über das Thema Antisemitismus sprechen. Weiterlesen

Versammlungsgesetz NRW stoppen! Fahrrad-Demo in Aachen

via AK Versammlungsgesetz stoppen! Aachen

Fahrrad-Demo | 23.05.2021 | 14:00 | Aachen Hauptbahnhof

Zum Abschluss der landesweiten Aktionswoche am 23. Mai wollen wir in Aachen zusammen unseren Protest gegen das neue Versammlungsgesetz auf die Straße tragen!

Mit dem neuen Versammlungsgesetz der schwarz-gelben Landesregierung soll ein massiver Angriff auf die Versammlungsfreiheit im Eiltempo beschlossen werden. Sollte dieser Gesetzesentwurf durchkommen, würden die Durchführung und die grundrechtlich zugesicherte anonyme Teilnahme an Versammlungen erheblich eingeschränkt werden. Weiterlesen

Kundgebung gegen das neue Versammlungsgesetz NRW!

via AK Versammlungsgesetz stoppen!

Kundgebung gegen das neue Versammlungsgesetz NRW am 6. Mai um 18:30 Uhr am Elisenbrunnen! Mit Maske und Abstand!

Am 6.Mai findet die erste Anhörung zum Gesetz im Landtag statt.

Armin Laschet und NRW Innenminister Herbert Reul planen mit dem neuen Versammlungsgesetz einen massiven Angriff auf die Versammlungsfreiheit! Während die Polizei mehr Befugnisse auf Versammlungen, wie das Anfertigen von Übersichtsaufnahmen, unbegründeten Kontrollen von Personen auf dem Weg zur Versammlung, erhält, werden Versammlungsteilnehmer*innen und Veranstalter*innen mit hohen Strafen bei Verstößen gegen das neue Gesetz eingeschüchtert.

Das Ziel dieses Gesetzes ist klar: von der „ursprünglich-ungebändigten Demokratie“, wie das Verfassungsgericht die Versammlungsfreiheit 1985 noch bezeichnete, soll nach dem neuen Gesetz nicht mehr viel übrig bleiben. Weiterlesen

Kungebung gegen Ausgangssperre!

via AK Antifa Aachen

Der Ort wurde gerändert. Die Kundgebung findet nun am Kennedypark, Eingang Elsassplatz statt!

Kundgebung | 27.4. | 20.30 | Kennedypark/ Elsassplatz

Vor wenigen Tagen wurde offiziell den über 80.000 Toten der Pandemie in Deutschland gedacht. Währenddessen befindet sich die dritte Welle in vollem Gange. Als „Reaktion“ wird im Rahmen der verabschiedeten „Bundesnotbremse“ von der Regierung bundesweit eine Ausgangssperre für Regionen mit 100er-Inzidenz geplant. Von 22:00 bis 5:00 sind Aufenthalte im Freien nur mit wenigen Ausnahmen möglich, bei Verstoß drohen hohe Strafen. Diese gilt ab Samstag, dem 24.4. auch in Aachen.

Dies können und wollen wir nicht hinnehmen! Während das soziale Leben seit über einem Jahr massiv eingeschränkt wird, soll der Arbeitsalltag möglichst ungestört weitergehen. Also heißt es für viele, sich morgens weiterhin in den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Job zu bewegen, um in Büro und Fabrik den Normalbetrieb aufrechtzuerhalten. Um dies zu ermöglichen, bleiben auch Schulen und Kitas weiter geöffnet. Es gilt: Deutschland muss arbeiten, auch wenn wir sterben müssen!

Die nun geplante Ausgangssperre ist blanker Hohn, angesichts ihrer drohenden Konsequenzen. Schon seit langem leiden die Menschen unter den psychischen Belastungen sozialer Einschränkungen. Auch die Zahlen häuslicher Gewalt sind in der Pandemie drastisch gestiegen. Dazu kommt das die Maßnahmen von Polizei und Ordnungsamt durchgesetzt werden wird, welche schon vor der Pandemie eine brutale und oftmals rassistische Praxis an den Tag legten. Von vermehrter Schikane und Kontrolle werden nicht die Menschen im Villenviertel betroffen sein, sondern diejenigen, zu deren Alltag genau diese Polizeipraxis ohnehin bereits gehört.

Nicht vergessen werden darf dabei der Punkt, dass die am stärksten Infektionsgefährdeten nicht die Leute in ihren Eigenheimen sind, sondern die Menschen in Knast, Sammelunterkünften oder Pflegeheimen. Vor allem auf ihrem und dem Rücken des Pflegepersonals wird das Weiterlaufen der Wirtschaft ausgetragen.

Es wäre zynisch zu behaupten die „Bundesnotbremse“ wäre dazu gedacht Menschenleben zu schützen. Stattdessen wird es auf überfüllte Busse, Bahnen und Supermärkte hinauslaufen.
Demgegenüber wurde zuletzt wieder von Wissenschaftler*innen betont, dass das Infektionsrisiko im Freien, vor allem in Bewegung und mit Maske, äußerst gering ist.

Vielmehr ist diese Ausgangssperre lediglich eine Machtdemonstration des autoritären Staats. Bekanntlich soll viel ja viel helfen, also lässt der Staat seine Muskeln spielen. Dabei zeigt er letztlich nur erneut, dass wir uns nicht auf ihn verlassen können.

Um unsere Leben zu schützen müssen wir uns zusammentun, und uns gemeinsam organisieren gegen Pandemie und Staat!

Kommt daher zur Kundgebung am 27.04.2021 um 20.30 Uhr an der Elsassstraße/ Ecke Sedanstraße!

Sagt euren Freund*innen & Bekannten Bescheid!

Passt gegenseitig auf euch auf, mit Maske und Abstand!

Hinweis: Gegebenenfalls fällt euer Heimweg bereits in die Ausgangssperre. Allgemein sind von 22:00 bis 24:00 Uhr „alleinige körperliche Bewegung im Freien“ gestattet. Auch wurde bisher bei lokalen Ausgangssperren stets betont, dass das Versammlungsrecht ein höheres Gut als die Beschränkungen darstellt, von daher sollten auch An- und Abreise vom Versammlungsrecht geschützt sein. Falls die Bullen dennoch Stress machen, meldet euch bei uns!

Gegendemo: Querdenken in Aachen? Kein Platz für Verschwörungsideologien und Antisemitismus!

Kundgebung | Samstag | 24.4. | 13:30 Uhr | Eurogress

Am 24.4 möchte der Aachener Ableger der Querdenken-Bewegung eine Großdemonstration veranstalten. Als Redner wurde Michael Ballweg angekündigt, einer der Köpfe der Bewegung, der schon häufiger durch seine Nähe zur extremen Rechten auffiel. Es darf also erwartet werden, dass sich am 24.4 deutlich mehr Querdenker*innen nach Aachen verirren als an vorigen Terminen. Dies möchten und können wir nicht unwidersprochen passieren lassen. Weiterlesen

Zwischen Realpolitik und Utopie in der Pandemie

In Potsdam haben im vergangenen Jahr mehrere Gruppen die Broschüre „Zwei Meter Abstand – Perspektiven zur Pandemie“ mit verschiedenen linken Beiträgen zu Corona herausgebracht. Nun ist die zweite Ausgabe erschienen, in welcher auch wir mit dem folgenden Text vertreten sind:

 

Zwischen Realpolitik und Utopie in der Pandemie

Soziale Bewegungen haben es während des ersten Jahres der Pandemie nicht geschafft, groß angelegte Strategien anzubieten um linke Positionen in die Diskussion einzubringen. Bis ZeroCovid.
Als erster Vorschlag, der Forderungen mit einer langfristigen Strategie verknüpft, hat er viele Menschen begeistert und viel Aufmerksamkeit bekommen. Gleichzeitig wurde er oft als unrealistisch kritisiert und zurückgewiesen. Niemand sieht in der aktuellen Situation einen Weg, wie die Vorschläge ohne staatliche Repression umgesetzt werden könnten. Dies ist nicht von der Hand zuweisen. Welche Institution oder Organisation außer dem Staat ist denn auch zur Zeit zur Umsetzung von Forderungen fähig? Doch wurde auch andere Kritik laut. Denn die Forderungen sind nicht per se unrealistisch, sondern zeigt der bisherige Umgang, dass der Staat kein Interesse daran hat sie umzusetzen. Weiterlesen

Kundgebung: Wohnen für Menschen statt für Profite!

via Recht auf Stadt Aachen         Kundgebung | Samstag | 27.3. | 16 Uhr | Kennedypark

Unter dem Motto „Wohnen für Menschen statt für Profite“ findet am 27.03. der internationale Aktionstag für das Recht auf Wohnen statt. Am „Housing Action Day“ werden in mindestens 58 Städten europaweit Menschen auf die Straße gehen, um für bezahlbaren, sicheren Wohnraum für alle zu demonstrieren. Schließlich hat die Coronakrise uns alle hart getroffen. Obwohl viele von uns mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, lässt die Politik Mieter:innen ungeschützt. Kein Kündigungsschutz, kein Mieterlass, kein Stopp von Zwangsräumungen. Dabei hatten schon vor Corona viele Mieter:innen Probleme, mit den steigenden Mieten klar zu kommen. Aachen hat bundesweit die viert-höchste Mietbelastung für Mieter:innen. Fast die Hälfte aller Mieter:innen geht arbeiten, nur um dann mehr als ein Drittel des Lohns für Miete auszugeben. Das liegt daran, dass in den letzten 10 Jahren der Anteil an Wohnungen mit einer Miete von 7€ pro Quadratmeter von 70 % auf 12 % zusammengeschrumpft ist. Unternehmen, Investor:innen und viele Vermieter:innen versuchen rücksichtslos so viel aus den Mieter:innen rauszuholen, wie es geht. Jede Möglichkeit wird genutzt, um Mieten zu steigern. Das ist Ausbeutung! Weiterlesen

Apokalyptisches Denken in der Umweltbewegung

Dieser Artikel wurde in der vierten Ausgabe der ‚Tacheles‘ veröffentlicht.

In der Umweltbewegung treibt sich nicht erst seit gestern eine Geisteshaltung herum, welche „den Untergang“ „der Menschheit“ als Ausgangspunkt ihres Denkens und vor allem Handelns begreift. Vor allem die Politsekte Extinction Rebellion spielt gerne mit dramatischen Bildern, in denen das Klima zu Grabe getragen wird oder in einheitlichen Gewändern schweigend durch die Straßen gezogen wird. Diese Vorstellungen spiel(t)en auch in der Friedensbewegung und Bewegungen gegen Atomkraft und nukleare Bewaffnung eine Rolle. Nichtsdestotrotz ist dieses Denken keinesfalls auf die Neuzeit beschränkt. Es hat seine Ursprünge im eschatologischen Denken, also einem Denken, das auf einer Erlösung innerhalb der monotheistischen Religionen aufbaut. Sie alle entstanden im und um den sogenannten Nahen Osten und entwickelten sich aus und in Abgrenzung zur jeweils anderen Variante des Gottesglaubens. Das apokalyptische Denken war hierbei meist der Motor der Veränderung von religiösen Vorstellungen. Dieses trieb die Gläubigen zu neuen Interpretationen und vor allem zu neuen Machtkämpfen um die richtige Religion, die richtigen Praktiken etc. Nun ist dieses Denken bis heute viral und findet sich z.B. im christlichen Zionismus genauso wie im Jihadismus. Da Selbstmord meist Sünde ist, aber das Leben im Diesseits nicht so prickelnd, sehnt man sich den Märtyrertod im Heiligen Krieg oder eben das schnelle Kommen der Endschlacht in Megiddo herbei. Man hängt dann entweder mit seinen 72 Jungfrauen auf Ewigkeit im Paradies ab oder kann sich endlich der 1000-jährigen Herrschaft von Jesus unterwerfen, Paradies auf Erden und so. So weit, so gut, so dämlich.

Nun unterscheidet sich das apokalyptische Denken innerhalb der Umweltbewegung davon in dem Punkt, dass, zumindest offiziell, niemand den Messias wieder erwartet. Die ständige Angst vor dem Untergang wird hier nicht religiös und vor allem auf Erlösung hinauslaufend gedacht und gepredigt, sondern nur zur Mobilmachung genutzt, um das Bestehende (Kapitalverhältnis) zu schützen – #GreenCapitalism. Dies passiert auch, weil das Kapitalverhältnis eher als Herrschaft alter-weißer-Cis-Männer gesehen wird als es als Verhältnis, Beziehung und Dynamik zwischen Menschen zu begreifen.

Die Apokalypse „ist die erste Revolutionstheorie. Daß die Akteure dieser Revolution andere als Gott, seine Engel und Heerscharen sein könnten, liegt noch außerhalb des Geschichtskreises. Menschen figurieren als ihre Objekte und sind bestenfalls ihre wissenden Zuschauer: eben Apokalyptiker.“ (1) Während es in der religiös begründeten ersten „Revolutionstheorie“ noch eine Heilserwartung gab, ist diese in heutigen Apokalypsevorstellungen verloren gegangen. Im bürgerlichen Denken dieser Couleur ist die „Tat“ der Revolution, die Erlösung, mit einem Ändern des Konsumverhaltens erschöpft. Daher wird immer wieder an die Moral des oder der Einzelnen appelliert. Die Vergesellschaftung an sich wird aber nicht in Frage gestellt. Die einfache Antwort auf die Tatsache des Klimakillers Fleisch ist dann z.B., dass auch Fleisch teurer werden muss. Ja, das würde vermutlich zu weniger Fleischkonsum führen, was in der Klassengesellschaft aber nur bestimmte Menschen betrifft, da Fleisch zur Luxusware würde. Für die oberen grünen Klassen würde sich nicht viel ändern, stehen sie doch mit Porsche SUV vorm Bioladen und lassen sich ihr Fleisch auch jetzt schon gerne etwas kosten. Man schmeckt die Qualen der Tiere ja auch irgendwie und Moral muss man sich leisten können.

Das Problem der Möglichkeit zur Vernichtung von Leben durch Atombomben oder dem Ende der Zivilisation durch Destabilisierung in Folge der Klimakatastrophe ist jedoch ein reales Problem dem nicht durch ein einfaches „Weiter so!“ begegnet werden kann.

Die Katastrophe wird bei der Umweltbewegung immer nur in die Zukunft verlagert, das Bestehende wird zur absoluten Gegenwart. Das sieht man vor allem in dieser ständigen, sich oft auch als besonders radikal und antikapitalistisch gebenden, Konsumkritik. Die Radikalität ist dabei aber nur Habitus. Der Streit darüber, auf was der Einzelne jetzt zu verzichten hat, welche Ernährungsform die richtige ist oder wie man besonders grün konsumieren kann ist, genau wie das Gegenteil, sich das neueste und beste zu kaufen, Ausdruck des falschen Bewusstseins, sowohl individuelles Glück als auch das Seelenheil der Gesellschaft nur an dem Konsum festzumachen. Sich selbst nur noch als Konsument*in zu begreifen. Die Befreiung der Menschen, von den Verhältnissen, in denen er „ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (2), ist in diesem Denken nicht möglich.

Walter Benjamin erschien die Geschichte anders. Er wendet sich vor dem Eindruck des Nationalsozialismus von dem Fortschrittsdenken der Sozialdemokrat*innen und Sozialist*innen ab. So schrieb er in seinen Thesen „Über den Begriff der Geschichte“ über das Bild Angelus Novus von Paul Klee: „Der Engel der Geschichte muss so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert.“ Diese Geschichtsphilosophie steht im Gegensatz zu den neuen Apokalypsevorstellungen. Die Katastrophe ist nicht etwas, dass in der Zukunft kommt, sondern die ganze bisherige Geschichte ist eine. Benjamins Geschichtsbegriff wendet sich also einerseits gegen ein „weiter so“ und Niemals-zurück-blicken aber auch gegen eine Vorstellung von Geschichte, die kein erlösendes Ende hat, also eine befreite Gesellschaft. Es geht also darum die Katastrophe in der Normalität zu begreifen und nicht auf eine Apokalypse zu warten.

Um eine Praxis zu ermöglichen, die nicht nur eine fortschreitende ökologische Krise beenden kann, sondern auch die gesellschaftlichen Grundlagen zerstört, welche zu diesem Punkt geführt haben, muss diese Reflexion auf Geschichte ernst genommen werden. Diese radikale Kritik der Gesellschaft müsste die Praxis zur Abschaffung des Kapitalismus reflexiv in sich aufnehmen. Und auch umgekehrt müsste die Praxis durch die Kritik berichtigt werden. Nur so kann das dialektische Verhältnis von Theorie und Praxis im Fortschreiten der Befreiung überwunden werden und eine Gesellschaft entstehen, in der Menschen nicht diesen Verhältnissen untergeordnet sind und ihnen hilflos gegenüberstehen. Diesen Aufbruch nannte Marx einmal den Kommunismus. Also nicht ein Himmelreich auf Erden, sondern den Beginn der Geschichte der Menschen.

(1) Christoph Türcke, Religionswende: eine Dogmatik in Bruckstücken, 1995

(2) MEW 1 S.385

Der Staat als Feminist?

Dieser Artikel wurde in der vierten Ausgabe der ‚Tacheles‘ veröffentlicht.

Kita-Ausbau, „familienfreundliche“ Unternehmen, Gleichstellungsbeauftragte, Eltern- und Betreuungsgeld sind in aller Munde und werden sowohl in Parlamenten als auch am Küchentisch diskutiert. Es entsteht schon seit Längerem der Eindruck, dass der Staat der neue Verbündete im Kampf um eine Gleichstellung der Geschlechter geworden sei. Trotz aller „Bemühungen“ staatlicherseits ist jedoch weder eine formelle noch eine reale Gleichstellung in Sicht. Das ist kein Zufall. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass mit den umgesetzten Strukturen und Gesetzen ganz andere Ziele als die Befreiung der Frau angestrebt werden.

Zum Verhältnis von Staat und Kapitalismus
Im Kapitalismus müssen Menschen, um überleben zu können, ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen. Mit Hilfe ihrer Löhne können sie Nahrungsmittel kaufen, Miete bezahlen und ihren Hobbys nachgehen. An dieser Stelle darf man sich aber nicht täuschen lassen. Nicht das menschliche Wohlergehen ist hier das Ziel. Vielmehr soll durch das Zahlen der Löhne erreicht werden, dass Menschen die genannten Güter konsumieren können. Sie sollen sich so von ihrem harten Arbeitstag erholen können und am nächsten Tag wieder neue Waren und damit Mehrwert produzieren.

Eine kapitalistisch organisierte Wirtschaft hat einzig das Erzielen von Profit zum Ziel, menschliche Bedürfnisse spielen nur eine untergeordnete Rolle. Der Staat vermittelt als Gehilfe des Kapitalismus zwischen Wirtschaftsordnung und Individuum. Denn sonst würde der Kapitalismus in seinem Normalbetrieb die eigene Grundlage seines Wirtschaftens, die Arbeiter*innen, zerstören.

Vermittlung zwischen Kapital und Individuum auf Kosten von Frauen

Der Staat vermittelt zwischen Individuum und der kapitalistischen Art zu wirtschaften – auf Kosten von Frauen. Historisch tradiert werden Frauen Aufgaben zugeschrieben wie sich um Alte und Kinder zu kümmern, Trost zu spenden und leckeres Essen zu zaubern. Diese Aufgaben finden im Privaten fern der Öffentlichkeit statt. Auf den ersten Blick wird hier kein offensichtlicher Wert geschaffen. Es wird kein Produkt hergestellt, welches teuer verkauft werden kann. Aus diesem Grund wird diese Art der Arbeit in unserer Gesellschaft oft nicht wahrgenommen und nicht als Arbeit anerkannt. Das bedeutet für diese Menschen, die meistens Frauen sind, dass sie abgewertet werden. Auch die Eigenschaften, die gesellschaftlich Frauen zugeschrieben werden, werden abgewertet.

Feministische Kämpfe und staatliche Reaktionen
Hiergegen haben Generationen von Feminist*innen gekämpft. Diese Kämpfe sahen sehr unterschiedlich aus. Teile der Forderungen wurden mit der Zeit vom Kapitalismus einverleibt, da diese für ihn nützlich waren und ihn stabilisierten. Außerdem wurden Frauen zunehmend als Behältnisse der Ware Arbeitskraft wahrgenommen. So nutzt der Kapitalismus sie zur Kapitalakkumulation und Profitmaximierung und konnte gleichzeitig das Widerstandspotential von feministischen Kämpfen minimieren.

Das soll anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden:

1. Elterngeld

2007 wurde das Elterngeld eingeführt. Es soll Eltern ermöglichen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und sich um ihre kleinen Kinder zu kümmern. Jedoch funktioniert dies nur so einfach, solange das Familienmodell, indem die Kinder groß werden, ein traditionelles ist. Sobald es zu Abweichungen kommt – wenn z.B. die Eltern in unterschiedlichen Wohnungen leben oder nicht verpartnerte Homosexuelle sind – verkompliziert sich die Antragsstellung, da sie sich nach der Meldeadresse und dem Hauptwohnsitz des Kindes richtet.
Dazu kommt, dass das Elterngeld eine Lohnfortzahlungsleistung ist, bei der ca. 75 % des vorherigen Einkommens gezahlt werden. So soll der Lebensstandard gesichert werden. Ist man in Transferleistungsbezug, so erhält man überhaupt kein Elterngeld, da es auf das ALG II angerechnet wird.
An dieser Stelle wird umso deutlicher, dass es dem Staat nicht darum geht, Kinderarmut – die immer Armut der Eltern bedeutet – zu senken. Denn vom Elterngeld profitieren Familien mit höheren Einkommen, wohingegen die mit niedrigen Einkommen in Armut verbleiben. Vielmehr geht es darum, einen Anreiz für besserverdienende Frauen, also Frauen der Mittelschicht, zu schaffen Kinder zu bekommen. Denn diese generieren den größten Mehrwert für das Kapital.

2. Kitaausbau vs. Betreuungsgeld

Ähnliches spielt sich in der Diskussion um Kitaausbau und Betreuungsgeld ab. Im Kapitalismus mit seiner Verwertungslogik sind Familien dazu gezwungen, dass sowohl Mutter als auch Vater arbeiten gehen. In diesem Fall muss gewährleistet sein, dass die Kinder anderweitig betreut werden. Darum wurde mit dem Kitaausbau und der Etablierung der Institution Tagesmutter ein Angebot geschaffen, um diese Betreuung sicherzustellen.
Bei einer näheren Betrachtung fällt jedoch auf, dass hier lediglich eine Verlagerung der Sorgearbeit stattfindet. Meist arbeiten Frauen in Kitas oder als Tagesmütter in prekären Arbeitsverhältnissen. Sie arbeiten sehr vereinzelt, teilweise 50 bis 60 Stunden die Woche. Ihre Arbeitszeiten sind flexibilisiert. Viele sind Freiberuflerinnen. Konkret bedeutet das, dass sie sich selbst versichern müssen und auch eine Rente im klassischen Verständnis nicht in Sicht ist. Dieses Arbeitsverhältnis klingt bei Weitem nicht nach der Vermeidung von Altersarmut.
Doch nicht etwa diese Arbeitsbedingungen erregten die Gemüter der staatlichen Feminist*innen, sondern das von konservativer Seite eingeführte Betreuungsgeld in Höhe von 150€. 150€ werden wohl kaum jemanden ernsthaft davon abhalten, arbeiten zu gehen, oder gar den Lebensunterhalt einer Familie sichern. Vielmehr war das Betreuungsgeld ein kleiner Bonus für Familien, die zuvor bereits von nur einem Lohn leben konnten. Kurz gesagt: für die Besserverdienenden. Nebenbei erwähnt würden Transferleistungs-bezieher*innen von der Leistung des Betreuungsgeldes gar nicht profitieren, da ihnen diese Leistung auf den Transferleistungsbezug angerechnet würde. Gleichzeitig wird und wurde die Diskussion um das Betreuungsgeld von dessen Kritiker*innen rassistisch und sozialchauvinistisch aufgeladen. So wurde in der Diskussion oftmals unterstellt, dass Migrant*innen und Transferleistungsbezieher*innen ihre Kinder den Bildungseinrichtungen entziehen würden, um finanziell davon zu profitieren.

3. Das „familienfreundliche Unternehmen“

Bei einem sogenannten „familienfreundlichen Unternehmen“ werden, um einen getakteten Lohnarbeitstag zu ermöglichen, Teile der Reproduktionsarbeiten wie Kinder hüten, Essen zubereiten, waschen, bügeln, etc. entweder an private Dienstleistungsunternehmen delegiert oder in eigene Sparten des Unternehmens verlagert. Dort werden diese dann von vermeintlich schlechter ausgebildeten Arbeitskräften (das bedeutet schlechter bezahlt) ausgeführt. In der Realität sind das meistens migrantische oder proletarische Frauen. In pandemischer Zeit wird jedoch deutlich, dass gerade diese Arbeitsplätze besonders benötigt werden. Trotzdem werden sie weiterhin schlecht bezahlt und bleiben gesellschaftlich marginalisiert. An dieser Stelle stellt sich die Frage, welchen Frauen das nutzt und welche nur sehr bedingt von solch einer Umstrukturierung der Unternehmen profitieren. Diese Form der Unternehmensstruktur erfährt von staatlicher Seite eine Förderung.

Reproduktion hat ein Geschlecht oder die Ideologie der guten Mutter

Nach wie vor ist in den meisten Fällen die Frau für anfallende Sorgearbeit verantwortlich. Besonders wenn eine Frau Mutter wird, verschärft sich dieser Zustand. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Doppelbelastung durch Lohnarbeit und Kindererziehung intensiviert. Dies wird durch die akute Corona-Krise nur verschärft, da Mütter nun häufig neben der Lohnarbeit auch noch die Aufgabe haben, die Kinder rund um die Uhr zu versorgen. Von Vätern wird dies jedoch kaum erwartet.
So wird an dieser Stelle mit dem Ideal von einer guten Mutter nicht nur eine Doppelbelastung für Frauen geschaffen, sondern auch häufig die Möglichkeit genommen darüber zu sprechen, da diese Belastung als Norm, wenn nicht gar als Emanzipation angesehen wird. Für eine kapitalistisch organisierte Gesellschaft ist es wichtig, dass diese Norm eingehalten wird. Schließlich ist die Familie ein Zuliefererbetrieb für den Kapitalismus.

Der Staat doch kein Feminist?

So haben die vom Staat getroffenen Regelungen nur noch sehr wenig mit den feministischen Kämpfen und ihren Forderungen zu tun. Befreiung und Gleichstellung von Frauen – Fehlanzeige! Vielmehr findet ein Klassenkampf von oben statt. Denn durch Leistungen wie Elterngeld bekommen Menschen mit hohen Einkommen mehr, während Menschen mit geringem Gehalt weiterhin jeden Euro mehrfach umdrehen müssen, bevor sie sich und ihren Kindern nur eine Kleinigkeit kaufen können. Gleichzeitig wird ein großer Teil der Reproduktionsarbeit auf migrantische und proletarische Frauen abgewälzt. Der Staat wird an dieser Stelle seiner Rolle als Lenker und Vermittler gerecht, denn durch die ergriffenen Maßnahmen soll erreicht werden, dass die Mittelschichtsfrau sich vermehrt und gleichzeitig noch Kapazitäten dafür hat, ein Arbeitskraftbehältnis zu sein.

Unser Feminismus sieht anders aus! Wir wollen nicht nur mehr Repräsentanz im Kapitalismus für bestimmte Frauen erreichen, sondern eine vollumfängliche Befreiung von Frauen. Dies kann nur mit einer Befreiung der ganzen Menschheit einhergehen. Das funktioniert nicht mit, sondern nur gegen den Kapitalismus und der Überwindung von diesem. Nichtsdestotrotz bedeutet es nicht, den Kampf zur Befreiung von Frauen in eine weit entfernte Zukunft zu verbannen. Es ist und bleibt notwendig, auch im Hier und Jetzt für Verbesserungen zu streiten.