Der Staat als Feminist? Zur Kritik des staatlichen Feminismus

Bildquelle: See Red Women’s Workshop, https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/deed.en_US

Zum Verhältnis von Staat, Kapitalismus und Geschlecht

Kita Ausbau, „familienfreundliche“ Unternehmen, Gleichstellungsbeauftragte, Eltern- und Betreuungsgeld sind in aller Munde und werden sowohl in Parlamenten als auch am Küchentisch diskutiert. Es entsteht der Eindruck, dass der Staat der neue Verbündete im Kampf um eine Gleichstellung der Geschlechter geworden ist. Trotz aller „Bemühungen“ staatlicherseits ist weder eine formelle noch eine reale Gleichstellung in Sicht. Das ist kein Zufall. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass mit den umgesetzten Strukturen und Gesetzen ganz andere Ziele als die Befreiung der Frau angestrebt werden.
Im Kapitalismus müssen Menschen um überleben zu können ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen. Mit Hilfe ihrer Löhne können sie Nahrungsmittel kaufen, Miete bezahlen und ihren Hobbys nachgehen. An dieser Stelle darf man sich aber nicht täuschen lassen. Nicht das menschliche Wohlergehen ist hier das Ziel, sondern die Schaffung der Voraussetzungen für diese Art des Wirtschaftens. Eine kapitalistisch organisierte Wirtschaft hat einzig das Erzielen von Profit zum Ziel. Innerhalb dessen spielt das menschliche Überleben nur eine untergeordnete Rolle. Hier kommt der Staat als Gehilfe des Kapitalismus ins Spiel. Dieser vermittelt zwischen Wirtschaftsordnung und Individuum. Indem er die Grundlage für den Kapitalismus schafft, gewährleistet er die Produktion der Ware Arbeitskraft. Konkret schnüren PolitikerInnen Pakete, die die Reproduktion der Ware Arbeitskraft unterstützen und steuern sollen. Es bestehen also Vermittlungszusammenhänge zwischen kapitalistischer Wirtschaftsordnung, ihrer staatlichen Steuerung und der Konstituierung einer zweigeschlechtlichen Ordnung auf Kosten der Frau. Historisch tradiert werden Frauen Aufgaben, wie sich um Alte und Kinder zu kümmern, Trost zu spenden und leckeres Essen zu zaubern zugeschrieben. Diese Aufgaben finden im Privaten fern der Öffentlichkeit statt. Auf den ersten Blick wird hier kein offensichtlicher Wert geschaffen. Daher muss diese Arbeit – genauso wie die damit verbundenen Frauen – mit allen ihr zugeschriebenen Eigenschaften im Kapitalismus abgespalten und abgewertet werden.
Hiergegen haben Generationen von Feministinnen gekämpft. Diese Kämpfe sahen sehr unterschiedlich aus. Teile der Forderungen wurden mit der Zeit vom Kapitalismus einverleibt, da diese für ihn nützlich waren und ihn stabilisierten. Mit dem Untergang des Fordismus und dem Rückgang des Kleinfamilienmodells wurden Frauen als Arbeistkraftbehältnisse wahrgenommen. Der Kapitalismus erweist sich hier als relativ flexibel. Viele Forderungen kann er in die Verwertungslogik einspeisen und so einerseits zur Kapitalakkumulation und Profitmaximierung nutzen und andererseits um Widerstandspotential zu minimieren. Es muss also betont werden, dass es hierbei keineswegs um die Befreiung der Frau, geschweige denn der Menschen an sich geht, denn diese interessieren den Kapitalismus lediglich als Arbeits- und Konsumkraft.
Auch hier schaltete sich der Staat vermittelnd ein, was wir anhand von einigen populären Beispielen aufzeigen wollen.

 

Ehegattensplitting

Beim Ehegattensplitting wählt der Besserverdienende eine günstigere Steuerklasse aus. Der Besserverdienende zahlt weniger und der Schlechterverdienende mehr Steuern. Unterm Strich hat das Paar oder die Familie mehr Geld. Dem Ehegattensplitting liegt das Ein-Verdiener-Modell zu Grunde, bei dem die Familie als eine Einheit konstruiert wird, die für die Lebensdauer besteht und in der man gegenseitig für einander Verantwortung übernimmt. Diese Leistung ist ein freiwilliges Angebot staatlicherseits.
Dieses Angebot steht bei den staatlichen FeministInnen unter harscher Kritik. Insbesondere den Grünen ist das Ehegattensplitting ein Dorn im Auge, da eine solche Leistung Frauen nicht ermutigen ja gar entmutigen würde arbeiten zu gehen. Anreize, die Frauen nicht dazu ermutigen würden möglichst voll in den Beruf einzusteigen, wären abzuschaffen. Sie befürchten, dass im Falle einer Trennung, Frauen durch das Ehegattensplitting eher von Altersarmut und Harz IV betroffen sind. Hier wird die Ehe nicht als eine Wirtschaftsallianz, bei dem die Gehälter als eins zusammengeworfen werden, sondern als eine romantische Sentimentalität verstanden. Den Grünen kann es an dieser Stelle auch, entgegengesetzt zu ihrer Behauptung, nicht um Selbstbestimmung, Freiheit und ein Ende der staatlichen Einmischung gehen, da die Leistung des Ehegattensplittings bereits eine freiwillige Leistung ist und jedeR selbstständig entscheiden kann, ob er diese in Anspruch nimmt. Durch eine Abschaffung wird zudem aktiv das Angebot an staatlichen Leistungen und Selbstbestimmung begrenzt. Vielmehr geht es darum ein eigenes Bild von Ehe als romantisches Konstrukt durchzusetzen, in dem jedeR für sich selbst sorgt und dadurch individualisiert wird. Gleichzeit ist zu sagen, dass es innerhalb einer kapitalistischen Gesellschaft nur eine falsche Freiheit geben kann, da jede Entscheidung auf Grund wirtschaftlicher Zwänge getroffen wird. Idealismus kann man sich nicht immer leisten. So kann die Entscheidung zur Ehe und dem Ehegattensplitting vordergründig auf einer freiwilligen Basis getroffen worden sein, diese fußt aber auf ökonomischen Zwängen. Ökonomische Zwänge sind häufig die Grundlage für Abhängigkeiten im Geschlechterverhältnis, da immer noch mehr Frauen halbtags arbeiten und sich zusätzlich nach getaner Lohnarbeit um Kinder und Haushalt kümmern. Diese Abhängigkeit ist in sich schon gewaltförmig, da an dieser Stelle Frauen deutlich weniger Zugang zu finanziellen, sozialen und kulturellen Ressourcen haben. Jedoch wird die Abschaffung des Ehegattensplittings nicht die Ungleichheit im Geschlechterverhältnis auflösen. Auch ohne Ehegattensplitting werden Frauen nach einer Trennung oder im Alter von Hartz IV und Altersarmut betroffen sein.

 

Kitaausbau vs. Betreuungsgeld

Ähnliches spielt sich in der Diskussion um Kitaausbau und Betreuungsgeld ab. Wenn wir davon ausgehen, dass der Kapitalismus mit seiner Verwertungslogik in der aktuellen Ausformung Familien dazu zwingt, dass sowohl Mutter als auch Vater arbeiten gehen, dann muss in diesem Fall gewährleistet sein, dass die Kinder anderweitig betreut werden. Darum wurde mit dem Kitaausbau und der Etablierung der Institution Tagesmutter ein Angebot geschaffen, um diese Betreuung sicherzustellen.
Bei einer näheren Betrachtung fällt jedoch auf, dass hier lediglich eine Verlagerung der Sorgearbeit stattfindet. Meist arbeiten Frauen in Kitas oder als Tagesmütter in prekären Arbeitsverhältnissen. In den letzten Monaten wurden die Arbeitsbedingungen der Tagesmütter immer wieder in den Medien thematisiert. Diese arbeiten sehr vereinzelt, teilweise 50 bis 60 Stunden die Woche. Ihre Arbeitszeiten sind flexibilisiert und sie sind Freiberuflerinnen. Konkret bedeutet das, dass sie sich selbst versichern müssen und auch eine Rente im klassischen Verständnis nicht in Sicht ist. Ihr Lohn beträgt häufig um die 2000 Euro, von diesem muss das oben genannte noch abgezogen werden. Dieses Arbeitsverhältnis klingt bei weitem nicht nach der Vermeidung von Altersarmut.
Doch nicht etwa diese Arbeitsbedingungen erregten die Gemüter der staatlichen FeministInnen, sondern das von konservativer Seite eingeführte Betreuungsgeld in Höhe von 150€. 150€ werden wohl kaum jemanden ernsthaft davon abhalten Arbeiten zu gehen oder gar den Lebensunterhalt einer Familie sichern. Vielmehr war das Betreuungsgeld eher ein kleiner Bonus für Familien, die zuvor bereits von nur einem Lohn leben konnten. Kurz gesagt für die Besserverdienenden. Nebenbei erwähnt profitieren TransferleistungsbezieherInnne n von der Leistung des Betreuungsgeldes gar nicht, da ihnen diese Leistung auf den Transferleistungsbezug angerechnet wird. Gleichzeit wird und wurde die Diskussion um das Betreuungsgeld von dessen KritikerInnen rassistisch und sozialchauvinistisch aufgeladen. So wurde in der Diskussion oftmals unterstellt, dass MigrantInnen und TransferleistungsbezieherInnen ihre Kinder den Bildungseinrichtungen entziehen würden, um finanziell davon zu profitieren.

 

Elterngeld

2007 wurde das Elterngeld eingeführt. Es soll den Eltern ermöglichen ihre Arbeitszeit zu reduzieren und sich um ihre kleinen Kinder zu kümmern. Das Elterngeld kann für 12 bzw. 14 Monate maximal beantragt werden. Jedoch funktioniert dies nur so einfach, solange das Familienmodell, indem die Kinder groß werden ein traditionelles ist. Sobald es zu Abweichungen kommt, wenn z.B. die Eltern in unterschiedlichen Wohnungen leben oder nicht verpartnerte Homosexuelle sind, verkompliziert sich die Antragsstellung, da es sich nach der Meldeadresse und dem Hauptwohnsitz des Kindes richtet.
Dazu kommt, dass das Elterngeld im Gegensatz zu dem vorhergehenden Erziehungsgeld eine Lohnfortzahlungsleistung ist, bei der ca. 75 % des vorherigen Einkommens gezahlt werden. Der Lebensstandard soll gesichert werden. Ist man in Transferleistungsbezug, so erhält man überhaupt kein Elterngeld, da es auf das ALG II angerechnet wird.
An dieser Stelle wird umso deutlicher, dass sich der Staat weder für die Kinder noch für die Frauen an sich interessiert. Es geht ihm nicht darum Kinderarmut, die immer Armut der Eltern bedeutet zu senken, da vom Elterngeld Familien mit höheren Einkommen profitieren, wohingegen die mit niedrigen Einkommen in Armut verberbleiben. Vielmehr geht es darum einen Anreiz für die besserverdienenden Frauen, also Frauen der Mittelschicht, zu schaffen Kinder zu bekommen. Hierdurch werden also staatliche Regulierungen vorangetrieben. Denn der Staat möchte nur für bestimmte gesellschaftliche Klassen Anreize schaffen, jene Klassen die für das Kapital den größten Mehrwert generieren.
Noch offensichtlicher zeigt sich dieses beim im Jahr 2015 eingeführten ElterngeldPlus, bei dem beide Elternteile in Teilzeit gehen und mit dem ElterngeldPlus ihr Einkommen aufgestockt wird. Ziel ist es, dass die Eltern den Anschluss an das Berufsleben nicht verlieren und weiterhin für das Kapital ausbeutbar bleiben, schließlich wurde in deren Ausbildung und Professionalisierung vorher vom Chef investiert.
Gleichzeit existieren Studien welche belegen, dass das Elterngeld weder dazu beigetragen hat die Geburtenrate merklich zu steigern, noch ein traditionelles Rollenverständnis zu durchbrechen. Nichtsdestotrotz wird es noch nicht mal ansatzweise von staatlicher Seite zur Debatte gestellt.

 

Das „familienfreundliche Unternehmen“

Seit einigen Jahren werden immer mehr Unternehmen als sogenannte „familienfreundliche Unternehmen“ deklariert. Hier wird der Anschein erweckt, dass ein getakteter Lohnarbeitstag mit den Bedürfnissen eines Kindes übereinstimmen kann.
Bei einem familienfreundlichen Unternehmen werden Teile der Reproduktionsarbeiten wie Kinder hüten, Essen zubereiten, waschen, bügeln, etc. entweder an private Dienstleistungsunternehmen delegiert, oder in eigene Sparten des Unternehmens verlagert, in denen diese dann von vermeintlich schlechter ausgebildeten Arbeitskräften (das bedeutet schlechter bezahlt) ausgeführt werden. In der Realität sind das meistens migrantische oder proletarische Frauen. An dieser Stelle hat die Frage ihre Berechtigung, welchen Frauen das nutzt und welche nur sehr bedingt von solch einer Umstrukturierung profitieren.

Fauenquote

Obwohl das Elterngeld sowohl von der Mutter als auch von dem Vater beansprucht werden kann, sind es immer noch deutlich mehr Frauen, die dieses beantragen. Nur 7% der Väter stellen einen Antrag auf zwölf Monate Elternzeit. Nach der Elternzeit arbeiten die meisten Mütter lediglich in Teilzeit. Dieser Fakt unterstützt, trotz einer formalen Gleichstellung in der Arbeitswelt, eine gläserne Decke. Das bedeutet, dass immer noch mehr Männer in Führungspositionen gelangen als Frauen. Frauen arbeiten immer noch häufiger in schlecht bezahlten Berufen, die auch weiblich assoziiert werden. Die Hoffnung von staatlicher Seite ist es, durch die Frauenquote Unternehmen dazu zu zwingen auch Frauen in Führungspositionen einzustellen. Durch das Prädikat „familienfreundlich“ versucht der Staat diese Arbeitsstellen für Frauen mit Kindern attraktiver zu gestalten.
Doch löst die Frauenquote die Ungleichheit im Geschlechterverhältnis? Nein, vielmehr ist die Frauenquote, ähnlich dem Elterngeld und dem „familienfreundlichen“ Unternehmen, ein Angebot, welches auf akademisch ausgebildete und hochqualifizierte Frauen zugeschnitten ist. Sie profitieren davon, während ein großer Teil der Reproduktionsarbeit auf proletarische Frauen umverteilt wird. Die Frauenquote werten wir als einen Versuch staatlicherseits die Arbeitskraft von bestimmten Frauen in unserer Gesellschaft für das Kapital verwertbar zu machen. Auch bedeutet eine Gleichheit im Kapitalismus nicht nur mehr Frauen in Führungspositionen, sondern auch mehr Frauen in Obdachloseneinrichtungen. Denn die abstrakte Gleichheit der Marktwirtschaft bedeutet konkret die Freiheit zu besitzen seine Arbeitskraft an den Höchstbietenden zu verkaufen, ebenso wie die Freiheit, für diese keinen Käufer zu finden und darüber unterzugehen. Abstrakte Gleichheit erreicht konkrete Ungleichheit. An dieser Stelle werden folglich die alten Ungleichheits- und Unterdrückungsmechanismen durch neue Ungleichheits- und Unterdrückungsmechanismen ersetzt.

 

Reproduktion hat ein Geschlecht oder die Ideologie der guten Mutter

Die oben beschriebenen Leistungen werden geschlechtsneutral formuliert. Die Realität sieht jedoch anders aus. Hier ist nach wie vor in den meisten Fällen die Frau für anfallende Reproduktionstätigkeiten verantwortlich. Besonders wenn eine Frau Mutter wird verschärft sich dieser Zustand, sei es durch eine noch offensichtlichere Teilung oder Doppelbelastung. In den letzten Jahrzenten hat sich sowohl die Lohnarbeit als auch die Kindererziehung intensiviert. Das Idealbild des Mutter-Seins ist heute ein 24 Stunden Job. Besonders in den ersten Jahren des Kindes gilt es bindungs- und bedürfnisorientiert zu handeln, bis hin zu einer völligen Selbstaufgabe der eigenen Person. Da sich das Bild der intuitiven Mutter durchgesetzt hat, die auf fast schon mystische Weise die Wünsche des Kindes erahnen kann, bleibt sie meistens zu Hause und übernimmt die Sorgetätigkeit. Väter spielen hier, wenn überhaupt, lediglich eine unterstützende Rolle. Der gute emanzipierte Mann wechselt zwar auch mittlerweile mal die Windel, der Großteil der Arbeit verbleibt jedoch nach wie vor bei Frauen. Zeitgleich werden die oben beschriebenen staatlichen Programme installiert, die Frauen so schnell wie möglich wieder in die Lohnarbeit bringen sollen. Dabei wird nicht hinterfragt, dass ein getakteter Lohnarbeitstag nicht zu einem kindlichen Alltag passt, geschweige denn zu dem Bild, was von der vermeintlich guten Mutter kreiert wird.
Wo konservative PolitikerInnen schon den von Aristoteles befürchteten Wertverfall herbeiphantasieren, da sich das traditionelle Rollenmodell aus ihrer Sicht aufzulösen droht und sie den guten alten Zeiten nachtrauern, ist es interessant zu betrachten, dass in den 50er bis 70er Jahren, in denen das fordistische Familienmodell am verbreitetsten war die Kindererziehung ganz anders aussah. Hier war es ganz selbstverständlich Kindern die Flasche zu geben, sie schreien zu lassen und sie sogar ohne Aufsicht fern des Hauses spielen zu lassen. Man fürchtete sich vor dem verwöhnten Kind und griff immer noch auf harte Erziehungsmethoden zurück, die aus der Zeit des Nationalsozialismus stammten.
Schnell wird deutlich, dass auf Grund der Widersprüche, die sich durch dich ideologische Aufladung „der Mutter“ in Kontrast zur kapitalistischen Verwertungslogik, nicht nur eine Doppelbelastung entsteht, sondern auch, dass Frauen an dieser Doppelbelastung nur scheitern können. Doch wieso konnte sich nichtsdestotrotz dieses Mütterideal durchsetzen? Vorherrschend ist die Idee, dass Kinder besonders zu behüten wären und sie durch eine möglichst gute Erziehung auf das Leben vorzubereiten. Dadurch fungiert die Familie als Zuliefererbetrieb für den Kapitalismus und ganz nebenbei werden Bedürfnisse geschaffen, wie beispielsweise ein bestimmter Kinderwagen, ökologische Schnuller und Bernsteinhalskettchen selbst für die Jüngsten.

 

Der Staat doch kein Feminist?

Die gesellschaftlich adaptierten Anteile aus feministischen Kämpfen haben nicht mehr viel mit der Befreiung der Frau, die immer in eine gesamtgesellschaftliche Emanzipation eingebettet sein muss, zu tun. Vielmehr findet an dieser Stelle ein Klassenkampf von oben statt. Denn durch Leistungen wie Eltern- und Betreuungsgeld bekommen Menschen mit hohen Einkommen mehr, wohingegen Menschen mit geringem Gehalt weiterhin jeden Euro mehrfach umdrehen bevor sie sich und ihren Kindern nur eine Kleinigkeit kaufen können. Gleichzeitig wird ein großer Teil der Reproduktionsarbeiten auf migrantische und proletarische Frauen abgewälzt. Der Staat wird an dieser Stelle seiner Rolle als Lenker und Vermittler gerecht, denn durch die ergriffenen Maßnahmen soll erreicht werden, dass die Mittelschichtsfrau sich vermehrt und gleichzeitig noch Kapazitäten dafür hat ein Arbeitskraftbehältnis zu sein.

 

Was nun?

Wie wir sehen drängt sich die Frage auf, was zu tun ist, wenn wir eine tatsächliche Befreiung der Frau erreichen wollen. Eine tatsächliche Befreiung der Frau kann nur durch eine Befreiung der Menschheit erreicht werden. Dabei muss sowohl die Beziehung der Frau zum Kapital als auch die Beziehung der Frau zum Mann innerhalb des Geschlechterverhältnisses betrachtet werden. Ein Feminismus, der nicht dem Kapitalismus zuarbeitet, muss eine Vorstellung von jenem haben. Gleichzeitig ist es wichtig eine Kritik des Kapitalismus zu entwickeln, die die Auflösung des Patriarchats nicht zu einem Nebenwiderspruch degradiert. Konkret bedeutet das, dass Lohnarbeit überwunden werden muss. Uns ist bewusst, dass es nicht genügt Nieder mit dem Kapitalismus! zu rufen und zu hoffen, dass alles gut wird. Vielmehr brauchen wir neben einer vernünftigen Kritik des Kapitalismus Ideen wie wir Beziehungen untereinander solidarisch gestalten können. Wir müssen lernen Ideen zu entwickeln wie Sorgearbeit gemeinschaftlich gestaltet werden kann und überlegen, wie wir diese Ideen erproben können. Dafür müssen wir unserem Umfeld beginnen. Wir müssen die eigenen Lebenszusammenhänge, Beziehungen und Erfahrungen kritisch hinterfragen. Das Abwehren von Widersprüchen, die hierbei notwendigerweise auftreten, muss unbequem werden.
Das Ziel muss eine Gesellschaft sein, in der die Subjekte frei sind und in der diese Freiheit des Einzelnen die Voraussetzung der Freiheit aller ist.