Schwarz-Rote Kneipe im November: Gefangen im eigenen Zuhause – Partnerschaftsgewalt gegen Frauen, Folgen & Herausforderungen im weiteren Lebensweg

Partnerschaftsgewalt gegen Frauen findet in Deutschland jeden Tag statt. Statistisch gesehen wird jeden zweiten bis dritten Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. Während Männer eher Opfer von Gewalttaten im öffentlichen Raum werden, erfahren Frauen Gewalthandlungen eher im Privaten durch ihr nahes soziales Umfeld. Es zeigt sich, dass Gewalt in der Partnerschaft keine isolierten Einzelfälle sind, sondern tief in unserer Gesellschaft verwurzelt sind und System haben. Männer nutzen Gewalt, um ihre Macht und Kontrolle gegenüber ihrer weiblichen Partnerin geltend zu machen. Die Folgen von Partnerschaftsgewalt sind zahlreich
und schwerwiegend. Dennoch benötigen Frauen aufgrund von emotionalen und ökonomischen Abhängigkeiten oft mehrere Versuche, um sich endgültig zu trennen. Denn mit der Trennung verlieren sie nicht nur ihr Zuhause, sondern sie riskieren auch ihre materielle Sicherheit sowie eine unfreiwillige Wohninstabilität.
Nach einer Trennung müssen sich die
Betroffenen häufig ein völlig neues Leben aufbauen und sind auf ihrem weiteren Lebensweg mit einer Vielzahl an Hindernissen konfrontiert, bei denen sie vom Staat weitgehend im Stich gelassen werden. Hinzu kommt, dass betroffene Frauen zusätzlich die Gewalterfahrung verarbeiten müssen. All dies stellen Brüche in den Biographien betroffener Frauen dar.

Der Vortrag soll einen tieferen Einblick in den theoretischen Rahmen und die Entstehung von Partnerschaftsgewalt gegen Frauen geben und zeigen, wie diese in unserer Gesellschaft immer noch trotz zunehmender ‚Gleichberechtigung‘ verfestigt ist und sogar ansteigt. Ein besonderer Fokus soll auf die Perspektiven und Erfahrungen betroffener Frauen gelegt
werden. In diesem Zusammenhang werden auch die Hindernisse, mit denen die Betroffenen in ihrem weiteren
Leben zu kämpfen haben, und die Bedeutung eines (sicheren)
Zuhauses beleuchtet.

Kommt vorbei und diskutiert mit uns bei veganem Essen und kühlen Getränken.

Der Vortrag findet in Kooperation mit dem feministischen Bündnis für ein Ende der Gewalt im Vorfeld der Kundgebung zum Tag gegen Gewalt an Frauen statt.

19.11.2025 // 18:30h // DGB-Haus Aachen

Zwei Jahre 7. Oktober

Wie sieht sie aus, diese radikale Linke, zwei Jahre nach dem größten antisemitischen Massaker nach 1945? Der Antizionismus, welcher zurecht über mindestens ein Jahrzehnt in der deutschsprachigen Linken als regressive Ideologie verpönt war, kehrt seit einigen Jahren wieder auf die politische Bühne in AZs und auf Demos zurück. Verschwunden war er nie, aber zumindest nicht mehr in organisierter Form handlungsfähig. Mal tritt er in akademischer Variante als Teil der Post-Kolonialen Theorien auf, mal in Form des guten alten Marxismus Leninismus oder einfach nur als moralischer Aufschrei, schließlich ist man ja auf der Seite der Unterdrückten. Während ein Teil der Linken nach dem 7. Oktober noch erschrocken über die Gewalt war und sich mit den Opfern des genozidalen Massakers solidarisierte oder zumindest Mitleid mit Ihnen empfand, ist davon zwei Jahre später eigentlich nichts mehr geblieben. Denn zwei Jahre 7. Oktober bedeutet auch zwei Jahre Krieg in Gaza. Nicht nur die Äußerungen der extrem rechten Regierungsbeteiligten in Israel haben eine Solidarisierung mit den Handlungen der IDF für die meisten Linken verunmöglicht. Denn Israel erscheint hier als der übermächtige Militärstaat, der gegen ein unterdrücktes Volk kämpft. Wie soll man sich als radikale*r Linke*r im sogenannten Nahost Konflikt positionieren? Für uns ist klar, dass wir die aktuelle israelische Regierung und ihre Kriegsführung ablehenen. Aber macht man sich mitschuldig an einem Genozid, wenn man sich nicht eindeutig auf der Seite eines freien Palästinas, was vom River bis zum Sea reichen soll, positioniert? Doch wie immer: First Things first!

Israel ist der vermeintliche Endpunkt der gescheiterten „Judenfrage“, wie es noch so blumig im 19. Jhd. hieß. Noch während der französischen Revolution (manche behaupten, sie wäre bis heute noch nicht abgeschlossen) war vor allem die Frage nach Bürgerrechten für nationale Minderheiten ein Streitpunkt. In der Emanzipation der Jüdinnen und Juden wurde der Widerspruch von Abstraktem und Konkretem ein Erfahrbarer. Musste oder konnte sich „der Jude“ assimilieren und wurde somit zum Gleichen unter Gleichen vor dem Gesetz? Also wurde er ein gleichgestellter Bürger der abgesehen von seinem konkreten Sein auch ein abstrakter Staatsbürger ist? Die Gleichmachung vor dem Gesetzt lässt das Individuelle, das Konkrete verschwinden, denn der Staatsbürger ist erst mal nur eine Abstraktion von dem, was uns besonders macht, die Arbeiterin in ihrer überfüllten Zwei-Zimmerwohnung wird plötzlich gleich mit dem Großindustriellen, jedenfalls in seiner Rolle als Bürger, als Rechtssubjekt. Und somit wird auch „der Jude“ zu einem Franzosen. Der Antisemitismus ist u.a. eine Reaktion auf diese gesellschaftlichen Veränderungen. Denn Veränderungen und Dynamiken der entstehenden bürgerlichen Gesellschaft werden im Antisemitismus nicht als Produkt der abstrakten und apersonellen Herrschaft durch Staat, Nation und Kapital verstanden, sondern als Ergebnis von Verschwörung und individuellem Willen von wenigen, mächtigen Herrschenden. In der marxschen Kritik, in der der Kapitalismus und die bürgerliche Demokratie, als historisch gewachsene Gesellschaftsform begriffen wird, wird Kommunismus als Emanzipation von diesen Verhältnissen gedacht, also als Überwindung eines Prinzips von Herrschaft und Ausbeutung. Kapital, also die immer wieder neue Verwertung des Werts, dem, aus der Konkurrenz der Marktteillehmenden entspringende, Zwang der ständigen Profitmaximierung, ist in diesem Verständnis ein Eigenständiges gesellschaftliches Subjekt. Aber es ist ein Automatisches, also eins ohne Bewusstsein, ein apersonelles Verhältnis, in dem die Menschen bloß Anhängsel sind und durch diese Verhältnisse beherrscht werden. Emanzipation müsste also die Gesellschaft so umwerfen und umformen, dass die Verhältnisse bewusst Veränderbar wären und eben nicht mehr Religiös, von dem Willen der Märkte oder der unsichtbaren Hand geredet werden müsste, um sich die irrationalen Verhältnisse in irgendeiner Form nachvollziehbar zu machen. Die meisten Teile der politischen Linken waren mal angetreten, um genau dies zu tun, also die Verhältnisse umzuwerfen und die Menschheit aus ihrem selbst erschaffenen Unglück zu befreien.

Doch im 20 Jhd. kam es anders als erhofft. Im Zuge des 1. WK kam es zwar zur Revolution in Russland, aber auch zum nationalen Aufbruch vieler Arbeiter*innen in ganz Europa und die ersten Erfolge der Faschist*innen zeigten deutlich, die Linke hat nicht das Monopol auf Kapitalismuskritik und „die Massen“ sind nicht unbedingt Progressiv. Die Stalinisierung großer Teile der kommunistischen Linken führte weg von der Weltrevolution hin zum Sozialismus in einem Staat und zur Unterstützung vom Befreiungsnationalismus, welcher in Gegnerschaft zum Imperialismus stehe und deswegen per se fortschrittlich einzuschätzen sei.

Jüdinnen und Juden versprachen sich, in großen Teilen, viel von den neuen politischen Bewegungen der bürgerlichen Gesellschaften. Sie assimilierten sich und wurden treue Staatsbürger*innen, die sich auch auf den Schlachtfeldern des 1. WK für das Vaterland erschießen ließen oder eben andere erschossen. Auch die verschiedenen utopischen Ideen der Linken zogen viele an. Der Zionismus, als Idee der eigenen Nationenbildung war hingegen eine Randerscheinung, auch wenn es seit den 1890ern erste Einwanderungen nach Palästina, zu der Zeit noch osmanisch regiert, gab. Die Provinz war relativ dünn besiedelt und ein paar Tausend Jüdinnen und Juden lebten dort.

Das der Zionismus nach 1945 die wichtigste politisch Strömung innerhalb des Judentums wurde -vor allem der linke, sozialistische Zionismus – hat viele Gründe. Nach der Shoah und vor allem der Ablehnung jüdischer Flüchtlinge durch viele Staaten zu dieser Zeit, wurde die Notwendigkeit einer eigenen Staatlichkeit als erdrückend wahrgenommen. Man wollte eine Heimstätte für diejenigen schaffen, die vor Antisemitismus fliehen müssen, egal ob sie aus den Vernichtungslagern der deutschen Mordgemeinschaft entkommen waren oder ob Sie vor dem immer stärker werdenden Antisemitismus in der muslimischen Welt bzw. des Realsozialismus entkommen wollten. Heute leben kaum noch Jüdinnen und Juden in der muslimischen Welt oder in der vormals großen jüdischen Gemeinde Russlands. Sie fanden Zuflucht vor allem in Israel und den USA, aber auch in Deutschland, wo ein Großteil der jüdischen Gemeinde ursprünglich aus Russland bzw. der UDSSR stammt.

Die Linke hatte aber nicht erst seit dem Stalinismus ein Problem mit Antisemitismus entwickelt. Schon der Anarchist Proudhon fiel in seinen Schriften mit einem ausgeprägten Antisemitismus auf. Andere Linke, wie z.B. Rudolf Rocker, stellten sich gegen den Antisemitismus. In der Weimarer Republik wurde durch die KPD bzw. ihr Parteiorgan, antisemitische und antizionistische Propaganda verbreitet. Unter anderem wollte man wegen des zunehmenden Erfolges der NSDAP die nationalen und antisemitisch gestimmten Arbeiter*innen nicht aufgeben und versuchte sie dort abzuholen, wo sie standen. Doch auch die weit verbreitete personifizierte Kapitalismuskritik, welche vor allem die Kapitalistenklasse und nicht das Kapital ins Visier nahmen, war ein Grund. Denn die „Analyse“ führt zum gleichen Weltbild wie das der Antisemit*innen. Über die Welterklärung der gierigen Kapitalisten oder über die „Bankenkritik“, heute oft auch Casino-Kapitalismus genannt, kommt man zur Verschwörung der Wenigen und dort docken dann alte antisemitische Stereotype an. Dann entsteht das Geraune z.B. über DIE Rothschilds oder DIE Globalisten (wie es bei der AfD oft heißt), weil man ja heute nicht mehr „Weltjudentum“ oder „der Jude“ sagen darf. Doch zurück zur KPD, während die Parteilinie alle nationalen Befreiungsbewegungen unterstütze, wurde der Zionismus, also die nationale Befreiungsbewegungen der Jüdinnen und Juden, als „Kettenhund des englischen Imperialismus“ bezeichnet. Die „Araberaufstände“ (die Eigenständigkeit eines palästinensischen Volkes ist eine Erfindung der Propaganda der PLO in den 1960ern und somit wurde hier noch von „Arabern“ gesprochen) wurden zwar als von Großgrundbesitzern gelenkt erkannt und der Judenmord problematisiert, dennoch sah man die Sache der „Araber“ als gerechten antiimperialistische Kampf an. Doch blieb es nicht nur bei antisemitischen Ausfällen in Papierform. KPD-Mitglieder sprachen auf NSDAP Versammlungen und lobten den Kampf gegen die jüdische Bourgeoisie, man müsse nur jede Bourgeoisie bekämpfen. Es kam sogar zur Zusammenarbeit von KPD und NSDAP beim BVG-Streik 1932. Es wurde darüber hinaus auch gestritten, ob die KPD oder die NSDAP denn die besseren Patrioten wären. Die Nazis wurden als Vaterlandsverräter beschimpft. Viel zu spät kam die Ausrufung der Antifaschistischen Aktion. Es soll hier aber nicht das Bild entstehen, die KPD und die NSDAP hätten eigentlich zusammengearbeitet, das wäre mehr als falsch zu behaupten, die KPD kämpfte oft und unter dem Verlust von vielen Genoss*innen gegen den Nazismus. Aber unproblematisch war ihr Umgang deswegen noch lange nicht.

Das Jahr 1933 war noch nicht sonderlich alt, als die ersten Genoss*innen in die ersten KZs kamen. Der politische Gegner wurde zuerst ausgeschaltet oder mundtot gemacht. Die organisierte Vernichtungspolitik der Nazis hingegen begann erst später. Nürnberger Rassegesetze, Reichspogromnacht, die Aktion T4 und schließlich die Wannseekonferenz sind die traurigen Meilensteine auf dem Weg zur Vernichtung des europäischen Judentums. Die Nazis wollten die Welt vom „Weltjudentum“ befreien, in ihrer Weltsicht war der organisierte Judenmord ein Akt der Notwehr, der bis zum bitteren Ende verfolgt werden sollte. Man müsste sich gegen die Verschwörung gegen die Völker erwehren, „die Juden“ hätten die Völker in die Kriege gezwungen und wären für alles Schlechte in der Welt verantwortlich, so jedenfalls das antisemitisch verblendete Denken eines großen Teils der Deutschen. Während die Ostfront schon gefallen und die Westalliierten in der Normandie gelandet waren, wurde die Vernichtung nochmal intensiviert. Es war eine Vernichtung um der Vernichtung willen. So war es nur folgerichtig, dass die deutschen Antisemit*innen kurz vor der Niederlage noch Waffen ins Mandatsgebiet Palästina zu ihren arabischen Verbündeten bringen ließen. Die Muslimbruderschaft und die national gesinnten Araber*innen, welche sich in den Jahren davor in blutigen Auseinandersetzungen in Palästina durchgesetzt hatten, waren Verbündete der Deutschen gewesen und wollten nach deren Niederlage den Krieg gegen die Juden fortführen. Heute heißt die Muslimbruderschaft vor Ort Hamas und führt diesen Krieg immer noch.

Die deutsche Linke nach Auschwitz hat viele Debatten und Konflikte ausgetragen, um ihr Verhältnis zu Israel und zum Antizionismus zu finden. Gab es bis 1967 eine mehr oder weniger große Mehrheit, die sich positiv auf Zionismus und Israel bezog, so änderte sich das mit dem Sechstagekrieg und der daraus resultierenden Veränderung. Israel wurde nicht mehr als der tapfere Underdog gesehen, der sich während der Gründung des Staates einer großen Übermacht an arabischen Armeen erwehren konnte, sondern als ein Besatzerstaat. Moishe Postone erklärte diesen neuen Antisemitismus mit einer bestimmten Art der Schuldabwehr, die neuen Radikalen könnten sich somit als die besseren Deutschen imaginieren, die jetzt auf der Seite der Unterdrückten kämpfen würden. Somit begann der bewaffnete Kampf der deutschen Nachkriegslinken auch mit einem versuchten Sprengstoffanschlag auf das jüdische Gemeindehaus in Berlin. 31 Jahre nach der Reichspogromnacht, am 9. November 1969 während einer Gedenkveranstaltung, sollte die Bombe hochgehen. Man hatte sich kurz vorher von der Fatah in einem Camp in Jordanien zur Stadtguerillia ausbilden lassen. Kunzelmann, der Auftraggeber des Anschlags, ein Gründer der Kommune 1 und eben jener neuen bewaffneten Gruppe „Tupamaros Westberlin“, schrieb kurz danach in seinem berühmten Brief aus Amman: „Aber eins steht fest: Palestina [sic!] ist für die BRD und Europa das, was für die Amis Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. Warum? Der Judenknax. Wir haben 6 Millionen Juden vergast. Die Juden heißen heute Israelis. Wer den Faschismus bekämpft ist für Israel.‘ So einfach ist das, und doch stimmt es hinten und vorne nicht. Wenn wir endlich gelernt haben, die faschistische Ideologie ‚Zionismus‘ zu begreifen, werden wir nicht mehr zögern, unseren simplen Philosemitismus zu ersetzen durch eindeutige Solidarität mit AL FATAH, die im Nahen Osten den Kampf gegen das Dritte Reich von Gestern und Heute und seine Folgen aufgenommen hat. Was heißt Solidarität? Unseren Kampf aufnehmen.“ Die 1970er Jahre waren dann auch geprägt von einem antizionistischen Kampf, der immer wieder verschiedene antisemitische Taten nach sich zog. In den 1980er Jahren dann die ersten Zweifel und Reflektionen der ideologisch festgefahrenen Weltbilder.

Über die Debatte innerhalb der Linken zum Zionismus in den letzten 40 Jahren gibt es viel zu sagen. Doch dreht sich nicht alles um die Linke, vor allem scheint sie sowieso immer weniger eine Rolle zu spielen, die links-nationalistischen Gruppen spielen auf Palästinensischer Seite z.B. immer weniger eine. Abgelöst wurden sie von islamistischen Gruppen, die nach eigenen Angaben den Tod mehr lieben als das Leben. Sie profitierten davon, dass in den 1990ern der letzte große Friedensprozess durch die linken Gruppen angegangen wurde. Viele Palästinenser*innen sahen einen Frieden mit der „zionistischen Entität“ als Verrat an. Und somit ging die Hoffnung auf Frieden in der zweiten Intifada unter. Während in der ersten Intifada noch der Volksaufstand mit Steinen und Zwillen gegen israelische Panzer vollzogen wurde, sprengten sich ab dem Jahr 2000 reihenweise Selbstmordattentäter*innen in die Luft um möglichst viele Zivilist*innen mitzureisen. Bis heute ist das popkulturelle, aufständische Bild der ersten Intifada ein verbreitetes Bild, auch wenn es nichts mehr mit der Realität schwer bewaffneter Al-Aqsa Brigaden zu tun hat. Sechs Jahre später übernahm dann, nachdem Israel den Gazastreifen geräumt hatte, die Hamas demokratisch gewählt die Macht. In dem kleinen Küstenstreifen baute sie ihre Terrorherrschaft gegen politische Gegner*innen im Inneren und gegen „die Zionisten“ im äußeren immer weiter auf. Finanziert unter anderem durch die Islamische Republik Iran, dessen wichtiger Handelspartner seit Jahrzehnten die BRD ist. Das Regime, dessen erklärtes Ziel die Vernichtung Israels ist – und zwar weil man jede Form von Universalismus (Kommunismus, Kapitalismus, Menschenrechte) und offene Gesellschaft hasst – baute in der Vergangenheit einen Ring aus islamistischen Gruppen auf, die Israel in seiner Existenz bedrohen. Hamas, Hisbollah und mittlerweile auch Ansar Allah (Huthi) im Jemen greifen den jüdischen Staat immer wieder an und das nicht erst seit dem 7. Oktober. Doch nicht nur militärisch wird Israel immer wieder angegangen. Die UN hat in den letzten knapp 20 Jahren über 100 Resolutionen gegen Israel verhängt, während Syrien auf Platz zwei 44 und der Iran mit den viert meisten 15 zu verzeichnen hat. Nicht umsonst sprechen einige von der Einsamkeit Israels. Den Propaganda Krieg hat es jedenfalls längst verloren.

Diese permanenten Anfeindungen, die andauernde Bedrohung, eigentlich schon seit der Gründung 1948, haben immense Spuren in der israelischen Gesellschaft hinterlassen. Einerseits eine liberale Gesellschaft in der Queers und Frauen die gleichen Rechte genießen, in der arabische Muslime und Christen nicht systematisch vom Staat ausgeschlossen werden usw. usf… Und auf der anderen Seite eine hoch militarisierte Gesellschaft mit extrem rechten Siedler*innen und einer Militärbesatzung im Westjordanland. Der 7. Oktober traf vor allem diejenigen, die sich für eine friedliche Lösung aussprachen, die Kibuzze deren Bewohner sich oftmals für Arbeitsvisa für Menschen aus Gaza einsetzten oder das Nova Festival, was eine Friedensbotschaft sein sollte. Während die Vergewaltigungen und bestialischen Morde noch von statten gingen, feierte Samidoun, eine palästinensische Knastsupport-Gruppe in Berlin den als Ausbruch aus dem Gefängnis Gaza umgelogenen genozidalen Akt mit kostenlosen Süßigkeiten. Gruppen wie Young Struggle oder Zora rechtfertigten die Vergewaltigungen und Morde von Hamas, PFLP und ihrer Verbündeten als legitimen Widerstandsakt.

Was bleibt einem als Linke*r noch an Hoffnung auf ein Ende der Gewalt? Auf der einen Seite eine regionale Militärmacht die große Teile des Gazastreifens in Schuttfelder verwandelt hat und auf der anderen Seite eine Bevölkerung, die seit mindestens 20 Jahren antisemitische Agitation schon in der Schule ausgesetzt ist. Man kann nur hoffen das es weiterhin mutige Menschen in Gaza gibt, die sich gegen die Hamas und den islamischen Jihad auflehnen. Das sie nicht wieder bitter erkennen müssen, dass sich die meisten sich nur für „die Palästinenser*innen“ interessieren, wenn die Täter Israelis sind. Das sie nicht allein gelassen werden und eine reale Chance bekommen einen Prozess anzustoßen, an dessen Ende mehr rauskommt als Todeskult und Zerstörung. Es bleibt zu hoffen, dass die vielen Israelis, die seit Monaten auf die Straße gehen, es schaffen eine politische Kehrtwende zu erzeugen. Das sie irgendwann nicht mehr auf die falschen Freunde angewiesen sein werden, also z.B. nicht mehr auf die amerikanischen Evangelikalen und NeoCons. Denn auch wenn die Linke versagt hat, in der Vergangenheit und bis heute, Jüdinnen und Juden vor dem Tod zu schützen, oder schlimmer, sogar selbst Hand angelegt haben, die Rechte und die Konservativen werden auch keine guten Verbündeten sein.

Wenn Linke in Zukunft in dieser Welt nochmal eine Rolle spielen wollen, dann müssen sie sich konsequent gegen Antizionismus und Antisemitismus stellen. Die aktuelle Linke ist durchdrungen von Nationalismus, autoritären und antiuniversellen Ideen. Sie verachtet den Intellektuellen und setzt auf einen durch Emotionen getriebenen Populismus. Sie kommt sich radikal vor, weil sie gegen Eurozentrismus ist, statt sich einmal offen und ehrlich mit FGM in Kurdistan und dem Sudan oder mit Geschlechterapartheid in Afghanistan auseinanderzusetzen. In ihrer Welt brachte der Westen das Patriarchat in den globalen Süden und nicht etwa nur eine ganz bestimmte Variante dessen. Emanzipation ist universell und somit gegen alle Kulturen mit ihren jeweils eigenen Rechtfertigungen für familiäre Zwangskollektive und frauenverachtende Praxen. Emanzipation findet man nicht in der Vergangenheit, sie wird in einer Gesellschaft möglich sein, die es bisher noch nicht gab, es gibt keine Blaupause oder ein Modell, an dem man sich orientieren könnte. Man sollte vor allem immer die eigenen Verhältnisse in Frage stellen, die eigene Kultur, die eigenen Probleme und sich nicht als Retter der Welt aufspielen. Denn wir wissen, der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten! Wer mit Islamist*innen, Grauen Wölfen und sonstigen Antisemit*innen gegen den einzigen jüdischen Staat demonstriert, der wird nicht in einer besseren Welt aufwachen, in der das Sterben von Gaza endlich ein Ende hat, der wird eine Friedhofsruhe bekommen, in der auch das letzte bisschen realistische Menschlichkeit verstummt ist.

In diesem Sinne:

Gegen jeden Antisemitismus!

Für den Kommunismus!

Free The Hostages!

Schwarz-Rote Kneipe im Oktober: Rassismustheorien

Rassismustheorien

Wir müssen über Rassismus reden! Doch wie? Wer darf darüber und wie reden? Wer oder was bestimmt darüber was Rassismus ist?
Zählt die Absicht einer Äußerung etwas oder nur ob es als rassistisch Verstanden wird? Ist Rassismus ein Problem von Betroffenen oder von Täter*innen?

Was ist struktureller und institutioneller Rassismus? Um diese Fragen zu beantworten, werden wir uns historische Entwicklungen ansehen und wie sie sich nach 1945 verändert haben. Vor allem schauen wir uns zusammen verschiedene Theorien an, mit denen wir Rassismus fassen können. Denn der Rassismus ist wandlungsfähig und es ist schwierig ihn gegen Nationalismus oder Xenophobie abzugrenzen.
Kommt vorbei und diskutiert mit uns bei veganem Essen und kühlen Getränken.

Der Vortrag findet im DGB Haus Aachen am Europaplatz statt. Wir öffnen die Türen um 18:30 Uhr

Schwarz-Rote Kneipe im September: Eine kurze Geschichte der Antifaschistischen AktionIm Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis

Der Kampf gegen den Faschismus bildet seit etwa 100 Jahren ein zentrales Feld linker Theorie und Praxis. Dabei ist antifaschistische Arbeit ebenso tiefgreifenden Veränderungen unterworfen wie der Faschismus selbst.

In diesem Vortrag wollen wir Schlaglichter auf zentrale Umbrüche in der Geschichte antifaschistischer Theorie und Praxis im Verlauf des letzten Jahrhunderts werfen: Das Scheitern der Antifaschistischen Aktion 1933, die Neuorganisierung der Bewegung ab 1989 und die heutige Bedrohung durch die Neue Rechte.

Welche Formen der Organisierung und Aktion waren erfolgreich – und welche sind gescheitert? Und warum? Welchen Einfluss haben innerlinke Debatten vergangener Jahrzehnte auf unsere heutige Theorie und Praxis?

Zum Abschluss möchten wir mit euch diskutieren, welche Lehren sich aus den verschiedenen Formen antifaschistischer Organisierung für unsere heutigen Kämpfe ziehen lassen.

Wie immer wird es auch ein leckeres veganes Essen gegen Spende geben. Also kommt vorbei, hört euch den Vortrag an und diskutiert mit uns.

Bis dahin!

17.09.2025 // 18:30h // DGB-Haus // Dennewartstraße 17 52068 Aachen

Kapitalismus ohne Demokratie? Eine kurze Geschichte der autoritären Formierung

Dieser Artikel soll einen Überblick über die Geschichte der BRD geben und den Erfolg der AfD aus dem Aufstieg des sogenannten Neoliberalismus und der Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Gesellschaft skizzieren. 

Durch den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg begann eine nie dagewesene Wirtschaftswunderzeit, angetrieben vom Kalten Krieg. Über diesen Zeitraum von vielleicht 20 Jahren hinweg wurde die Arbeiterklasse vollständig in die bürgerliche Gesellschaft integriert. Dies gelang, weil ein gewisser Reichtum – ein eigener VW und ein kleines Haus – nun auch Facharbeitern zugänglich wurde. Diese Entwicklung wurde ermöglicht durch industrielle Produktion in einem Maßstab, der nahezu Vollbeschäftigung ermöglichte. Diese Massenproduktion neuer Waren und die wesentlich bessere Bezahlung, durch hohen Organisationsgrad im industriellen Sektor, machten auch den Massenabsatz der produzierten Waren möglich, wie notwendig für dem Erfolg dieses Modells. Massenkonsum wurde mit dem steigenden Wohlstand in den westlichen Industrienationen zum Alltag. Im antikommunistischen Frontstaat BRD wurde so die deutsche Arbeiterklasse – mit der seit den 1930ern überhaupt nur ein nationales Erwachen denkbar war – gegen jegliche Form sozialistischer Experimente immunisiert. Kapitalismus auf der Siegesstraße.

Flankiert wurde die fordistische Kompromissformel zwischen Kapital und Arbeit – politische Stabilisierung durch ökonomische Teilhabe, durch eine „keynsianische“ – also auf Investition in Wirtschaft und Sozialstaat ausgerichtete – Politik, die eine relativ solide soziale Absicherung ermöglichte, welche von Sozialdemokratie und Gewerkschaften weiter vorangetrieben wurde. Dazu gehörten eindrucksvolle Errungenschaften wie z.B. die Arbeitszeitverkürzung: In den Kernsektoren von Industrie und Verwaltung wurde die Wochenarbeitszeit auf zunächst fünf Tage und zeitweise sogar auf 35 Stunden reduziert.

Alte neue Antworten auf Wirtschaftskrisen

Nach mehreren Krisen der Wertschöpfung, wurde das Wirtschaftswunder in seinen Grundlagen, den niedrigen Produktions- und Energiekosten bei hohem Absatz, erschüttert. Die Antwort der bürgerlichen Politik: „These is no alternative“. Geprägt von Thatcher wurde die „Alternativlosigkeit“ das informelle Motto einer sich auf die „Sachzwänge“ der Weltmarktkonkurrenz berufenden Politik: der Privatisierung und des Sozialabbaus. Der Klassenkompromiss von einst wurde aufgekündigt, Wohlstand wieder stärker von Arm nach Reich umverteilt und der Sozialstaat im Sinne des „Nachtwächterstaates“ umgestaltet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, wurde der Kapitalismus, in seiner neoliberalen Ausformung, zum Ende der Geschichte erklärt. Die neoliberale Weltanschauung ist zur Jahrtausendwende in zweiter Generation von der Sozialdemokratie Europas auf Kosten vieler Errungenschaften eben dieser Repräsentanten des Sozialstaates vorangetrieben worden.

Der Umstand, dass sich seit den 1980er Jahren nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa sowohl Mitte-Rechts- als auch Mitte-Linksregierungen am neoliberalen Sozialabbau beteiligt haben, kann als politisch-ökonomischer Hintergrund für den, seit der Finanzkrise von 2008 noch beschleunigten, Aufstieg der extremen Rechten verstanden werden.

Wir gegen die da Oben

Seither inszenieren sich als Rechtspopulisten auftretende Faschisten weltweit als einzige echte Alternative zum herrschenden Block und operieren mit der falschen Dichotomie von einem „globalistischen“ Neoliberalismus und einer „nationalen“ Opposition, die im Namen vermeintlicher „Volksnähe“ inzwischen freilich immer öfter faschistische Krisenlösungen anbietet. Eine weitere Dimension dieses Erfolgs ist der Einfluss neoliberaler Austeritätspolitik. Immerhin belegen Studien zum Zusammenhang zwischen Sozialabbau und Wahlverhalten in Europa, dass derartige Sparmaßnahmen durchaus mit Erfolgen der extremen Rechten korrelieren. Insbesondere bei Beschäftigten mit formal geringer Qualifikation, sowie in wirtschaftlichen Krisenregionen kann der – häufig genug berechtigte – Eindruck entstehen, die wirtschaftliche Zukunft der „Abgehängten“ sei für die an Austeritätsmaßnahmen festhaltende Politik der Herrschenden nicht weiter von Interesse. Offenkundig stärkt ein solches Empfinden die Bereitschaft für jene autoritären Krisenlösungen, die sich seit längerem beobachten lässt.

Nationalsozial oder neoliberal?  

Und die Krisenlösung der AfD ist in erster Linie darauf beschränkt, der angeblichen Einwanderung in den deutschen Sozialstaat mit Grenzschließungen, Abschiebungen und Anti-EU-Politik Herr zu werden. „Unser Volk zuerst“ ist die rechte Parole der Stunde. Sichere Grenzen und härtere Strafverfolgung gibt die AfD einfach als Allheilmittel für sozialen Frage aus und lässt an die Stelle des Gegensatzes zwischen unten und oben jenen zwischen „innen“ und „außen“, Einheimischen und Zugewanderten, treten. Mithilfe einer solch nationalistischen Verkehrung der sozialen Frage definiert sich die extrem rechte „Volksgemeinschaft“ durch den Ausschluss von „Fremden“ (Geflüchtete) und „Volksverrätern“.  Der offen propagierte Verteilungskampf gegen migrantisierte Menschen ist ein Versuch, soziale Fragen nach nationaler Herkunft zu beantworten und macht den Modus einer Politik aus, die ihren im Kern prokapitalistischen Kurs mit einer imaginierten Rückkehr zur unheimlich heimeligen „Volksgemeinschaft“ bemäntelt – ohne Ausländer, ohne Linke und ohne Gendersternchen. Unterhalb des gemeinsamen Bekenntnisses zur nationalen Gemeinschaft koexistiert in der sozialpolitischen Programmatik der AfD allerdings diese „nationalsolidarischen“ Linie mit dem neoliberalen Sozialchauvinismus, für den der brutale Konkurrenzkampf um ein Fortkommen in dieser Gesellschaft immer noch das Idealbild sind und dass übrigens auch die außenpolitischen Visionen wie jeher prägt.

Die Partei als Ganzes bewegt sich ambivalent zwischen diesen beiden Polen. Diese Ambivalenz ist für die Formulierung einer „Alternative“ zu den Herrschenden sicherlich kein Hindernis, sondern eher ein Vorteil.

Kapitalismus oder Demokratie

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“ – diese berühmte Sentenz Max Horkheimers aus dem Jahr 1939 wird zwar auch heute noch gelegentlich zitiert, erscheint sie doch vor dem weltweiten faschistischen Siegeszug aktueller denn je. Diese reaktionären Machtantritte greifen Sozialstaatliche Schutzmechanismen und liberale Freiheitsrechte gleichermaßen an, überall kombiniert mit dem Kampf gegen Migration. Die AfD ist fester Bestandteil dieses Rollbacks, der sich nicht gegen, sondern mit dem neoliberalen Kapitalismus formiert – spätestens die USA zeigen, wie lange unternehmerische Lippenbekenntnisse gegen Rechts und für Diversität halten.

Vor dem Hintergrund dieser politischen Katastrophe wäre gleich an eine ganze Reihe bewährter Einsichten in die Widersprüche, Halbheiten und Blindstellen liberaler Gegnerschaft „gegen rechts“ zu erinnern, die auch nur ein Verstehen des Phänomens AfD massiv erschweren und einen effektiven Kampf gegen den Faschismus von dieser Seite verunmöglichen.

Erstens sind kapitalistische Konzerne beim Geschäftemachen nicht etwa auf politische Demokratie angewiesen, sondern kommen nötigenfalls auch ganz gut ohne sie aus – einen anderen Schluss lassen bereits die von langen Blutspuren durchzogenen Geschichten von Firmen wie Bayer, Volkswagen, ThyssenKrupp und Deutscher Bank einfach nicht zu.

Mit der Demokratie hat es zweitens nicht erst nach der Errichtung einer faschistischen Diktatur ein Ende, sondern bereits heute in jedem kapitalistischen Betrieb. Über Kapital und Arbeit entscheiden nicht die Beschäftigten, sondern Profitinteressen. Chefs werden allenfalls von Aktionären gewählt und bereits einfache Widerworte gegenüber Vorgesetzten können den Job kosten.

Systeme des Ein- wie des Mehrparteienkapitalismus haben drittens nicht nur ihre scharfe Frontstellung gegen sozialistisches Eigentum gemeinsam, beide zeichnen sich auch durch die Unvermeidlichkeit sozioökonomischer Krisenprozesse, ein hohes Maß an sozialer Ungleichheit sowie durch die Tendenz zur Abwälzung von Krisenlasten nach unten aus. Viertens droht die kapitalistische Ideologie individueller „Leistung“ – Erwerbslose, „Wirtschaftsflüchtlinge“, „unwürdige“ Arme oder Menschen mit Behinderung haben davon zu erzählen – permanent in symbolische Abwertung und (zumindest latent rassistisches) Nützlichkeitsdenken umzuschlagen.

Fünftens gibt es neben der faschistischen Menschenfeindlichkeit des Ausnahmezustands auch eine kapitalistische des Normalzustands. Hiervon zeugen neben den Härten von Fabrikregime und Arbeitsdisziplin sowie den Ausbeutungsbeziehungen in der gesamten Lieferkette auch die vom kapitalistischen Wachstumsimperativ ausgehenden Gefahren für die natürlichen Lebensgrundlagen.

Sechstens schließlich legt die kapitalistisch (re-)produzierte Spaltung der Welt in Arm und Reich einen mehr oder weniger gewaltförmigen Ausschluss der Habenichtse von den Wohlstandsinseln so nahe, dass das Weltsystem bereits heute von Mauern und Stacheldrahtverhauen durchzogen ist.

Wenn „die Wirtschaft“ anders lautender Beteuerungen und Manager-Bekenntnisse zum Trotz also ganz offensichtlich auf Demokratie auch verzichten kann und damit ihren Funktionsprinzipien nach als „rechtsoffen“ erkennbar wird, müsste „die Demokratie“ konsequenterweise wohl auch auf den Kapitalismus verzichten können. Einsichten in die Notwendigkeit einer sozialen wie ökonomischen Erweiterung der Demokratie, dürften im Kampf gegen die faschistischen Demokratiefeinde jedenfalls weiterführen als die dem „kleineren Übel“ anhängenden Apologien des bürgerlich-liberalen Status quo. Eine Vorstellung einer Zukunft, in der ein gutes Leben für alle möglich ist, gilt es, der realen Dystopie entgegen, denkbar zu machen.

Der Text wurde zu erst in der Tacheles veröffentlicht.

Warum wir auf Veranstaltungen im AZ vorerst verzichten

Was tun in diesen Zeiten? Was tun wenn der autoritäre Ruck auch durch die Linke geht und unter dem Deckmantel der vermeintlichen Palästinasolidarität auch antiautoritäre Genoss*innen sich lieber dem Kampf um Völker widmen als dem um die Emanzipation jedes und jeder Einzelnen? Wir wollen gar nicht nochmal alle Fässer aufmachen, die wir, aber auch andere, in den letzten Monaten geöffnet haben. Dass gegenüber dem AZ Aachen „Zios sind Fas[c]histen – Zios raus aus linken Räumen – Free Pales[t]ine“ gesprüht wurde, ist das Ergebnis monatelanger Auseinandersetzungen in und um das AZ. Es dreht sich, wie in vielen deutschen Großstädten, um den Nahostkonflikt, um Antisemitismus, um Antizionismus und um Rassismus. Nachdem Tags wie „Zios töten“, „Antideutsche boxen/töten“, „Zios ins Gulag“ oder rote Dreiecke auftauchten (auch an Tagen, an denen das AZ nicht der Öffentlichkeit zugänglich war, also hatten die Betreffenden Zugang per Schlüssel) und wir das auch als Bedrohung gegen uns aufgenommen haben, wurde uns gegenüber kaum bis keine Solidarität entgegengebracht. Mehr noch, da man ja „keine Bullen“ sein wollte, erübrigte sich auch die Suche nach den Antisemit*innen – sofern die genannten Inhalte von der großen Mehrheit überhaupt als antisemitisch oder gewaltvoll anerkannt wurden. Unter anderem deswegen haben wir uns entschlossen, vorerst keine Veranstaltungen mehr im AZ Aachen zu organisieren.

Doch vielleicht nochmal von vorne: im AZ Aachen erschienen schon vor ca. 2 Jahren, also Monate vor dem 07. Oktober, Tags, die auf ein geschichtsrevisionistisches Weltbild von Links deuteten. „Free Gaza from German Guilt“ war dort zu lesen; eine Parole, die einige Zeit später auch in Berlin ihre Runde machte. Viel wurde über diese Parole schon geschrieben, sie lässt sich vermutlich am besten über die Debatte verstehen, die als Historikerstreit 2.0 verhandelt wurde. Hier wird über einen vermeintlich linken Geschichtsrevisionismus debattiert, welcher sich vor allem aus den (Post-)Colonial Studies und deren Debatten um die Einordnung der Shoah in ihre theoretischen Konzepte erschließt. Meist wird hier der Antisemitismus auf einen Rassismus gegen Jüdinnen und Juden reduziert.  Der idealistische und manichäische Charakter des Antisemitismus, der eine geschlossene Welterklärung darstellt und die Welt in Gut und Böse einteilt, wird verkannt. Dieser führt dazu, dass Antisemit*innen sich selbst als Freiheitskämpfer*innen verklären. Der Kampf gegen Jüdinnen und Juden wird als apokalyptischer Showdown inszeniert, an dessen Ende endlich Frieden, Freiheit und Erlösung herrschen. Für nicht wenige Linke ist der Kampf gegen den Imperialismus und den Zionismus gleichbedeutend und nur wenn dieser Kampf gewonnen würde, könne das mit dem Kommunismus/Anarchismus noch etwas werden.

Der jüdische Staat steht diesem reaktionären Emanzipationsversprechen also im Weg: Er muss beseitigt werden. So manche „Genoss*innen“ sehen im Kampf um Palästina und die Befreiung des palästinensischen Volkes den Ausgangspunkt all ihren Handelns. Und Greta Thunberg sieht in den „Kräften die Gaza bombardieren“ sogar die selben Kräfte am Werk, die die Umwelt zerstören. Ein antisemitisches Raunen geht aber nicht nur durch die ökologische Linke. Ohne freies Palästina gäbe es z.B. auch keine Befreiung der Frau. Damit werden „die Antideutschen“ oder „die Zios“ zu einem innerlinken Problem. Man wird ja eigentlich nicht mehr als Linke*r gesehen, nutzt jedoch oft genug die gleichen Räume. Die antideutschen Nestbeschmutzer wollen einfach keine Ruhe geben mit ihrer Kritik am Antisemitismus und Antizionismus. Sie müssen folglich weg. In Aachen muss Diskursiv weg, damit man die innere Einheit, die Unity der linken Szene, wiederherstellen kann. Das versucht man nicht mit öffentlicher Kritik oder Debatte, sondern mit Mobbing und Bedrohungen. In dem Wunsch nach geschlossener Einheit steckt der autoritäre Charakter, welcher keine Kritik, keine Spaltung zulassen kann und will. Eine differenzierte Linke, die sich mit (teils auch unversöhnlicher) Kritik aufeinander bezieht und die Widersprüche aushält, wird als zersetzende und zu bekämpfende Kraft gesehen.

Wir sind uns im Klaren, dass wir bei „Zios“ und „Antideutsche“ mitgemeint sind. Der Begriff „Antideutsch“ referiert schon lange nicht mehr auf eine konkrete politische Strömung innerhalb der radikalen Linken, sondern dient vor allem als Schreckgespenst und Feindmarkierung. Dabei ist es egal, dass wir (z. B. bei den eigenen Vorträgen) Hunger als Kriegswaffe verurteilen und die aktuelle, teilweise rechtsextreme israelische Regierung und ihre Kriegsführung ablehnen. Es bleibt das Raunen und das Gerücht über die Machenschaften der „Antideutschen“, welche sich, so die Vorstellung, hinter den Kulissen verschworen haben, um die gute und richtige Linke zu diskreditieren und zu unterwandern. Diese Antideutschen seien für den Nicht-Erfolg dieser „aufrechten“ und „wahren“ Linken verantwortlich. Der verschwörungsideologische Teil dieser Weltsicht ist klar: Jede Bewegung, jede Veränderung in gesellschaftlichen Zusammenhängen – auch wenn es nur die eigene bedeutungslose Szene ist – wird als Konsequenz einer Agenda von rational handelnden Akteuren im Hintergrund imaginiert.

Wir sehen in der aktuellen Gemengelage von autoritären Linken, (Post-)Kolonialen und queerfeministischen Theorien eine besorgniserregende Mischung für die Zukunft der radikalen Linken. Hier treffen Obrigkeitshörigkeit und autoritärer Charakter auf vulgär gedrehte akademische Theorien, die Betroffenen die alleinige Deutungshoheit, nicht etwa über konkrete Fälle, sondern über die Themen Rassismus und Feminismus im Allgemeinen, überträgt. Eine Mischung, die erkenntnisorientierte Debatte kaum noch zulässt, da jede nicht-geteilte Meinung als rassistisch/ sexistisch oder gar faschistisch konsequent bekämpft wird. Statt einer ehrlichen Debatte wird auf emotionale Erpressung gesetzt. Es wird geweint und geschrien, statt sich Intellektuell mit Themen und Begriffen auseinanderzusetzen. Kritisches Denken wird durch Unterwerfung ersetzt, den Betroffenen darf nicht widersprochen werden, egal in welchem Belang. Statt Genossinnenschaft wird auf klare Opferhierarchien gesetzt, welche die Mitkämpfenden auf die Position des Allys verweisen. Von dieser Position aus ergibt sich viel zu oft eine Heroisierung von Betroffenheit.

Oscar Wilde schrieb:

„Die meisten Menschen vergeuden ihr Leben durch einen ungesunden und übertriebenen Altruismus, ja, sind sogar genötigt, es zu vergeuden. Sie finden sich umgeben von scheußlicher Armut, von scheußlicher Hässlichkeit, von scheußlichem Hunger. Es ist unvermeidlich, dass ihr Gefühlsleben davon erschüttert wird. Die Empfindungen des Menschen werden rascher erregt als sein Verstand; und es ist […] sehr viel leichter, Mitgefühl für das Leiden zu hegen als Sympathie für das Denken. Daher tritt man mit bewundernswerten, jedoch irregeleiteten Absichten sehr ernsthaft und sehr sentimental an die Aufgabe heran, die sichtbaren Übel zu heilen. Aber diese Heilmittel heilen die Krankheit nicht: sie verlängern sie bloß. In der Tat sind sie ein Teil der Krankheit selbst.“

Man könnte sich die Frage stellen: Warum sich überhaupt noch als Linke*r organisieren, wenn der Aufbau von Organisationen, welche ihre Positionen in ehrlichen Debatten erarbeiten, in den Hintergrund gerät? Wenn bewusst eine angespannte und emotional aufgeladene Stimmung erzeugt wird, bei dem die Angst etwas Falsches zu sagen, eine*n Schweigen lässt? Wenn Wörter selektiv auf die Goldwaage gelegt werden, während bei an die Wände geschmierten Gewaltandrohungen mit den Schultern gezuckt wird? So sind es nicht nur die politische Dimension der Vorfälle in und um das AZ, die uns zum Weggang aus dem AZ bewogen haben. Um gegen unliebsame Gruppen und Positionen zu mobilisieren, werden Einzelpersonen, die diesen (vermeintlich) zugeordnet werden, diffamiert und diskreditiert. Gerüchte, Anschuldigungen und Vorwürfe werden in den Raum gestellt und die betreffenden Personen werden nicht einmal auf die Richtigkeit dieser Vorwürfe angesprochen, bevor sie unter der Hand weiterverbreitet werden.

Wir erwarten vom AZ Aachen im Moment nicht mehr viel. Zu genau wissen wir, wie aus markigen Redebeiträgen auf Plena erst nach Wochen, oft auch nie, Konsequenzen folgen. Dennoch sind weiterhin gute Genoss*innen im AZ aktiv, die dieser Irrationalität etwas entgegenzusetzen versuchen. Wir wünschen euch alles Gute und viel Kraft dabei! Wir erwarten aber als letzten Akt von dieser Struktur, die wir über ein Jahrzehnt maßgeblich mitgestaltet haben, eine öffentlich Stellungnahme zum grassierenden Antisemitismus/Antizionismus in ihren Räumen. Wie wollt ihr in Zukunft sicherstellen, dass diese Gewalt verhindert werden kann?

Schwarz-Rote Kneipe im Juli: Warum wir als Linke die Ukraine unterstützen müssen – Hintergründe und Beispiele direkter Hilfsmöglichkeiten

In Europa findet seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ein Krieg statt, der 8 Jahre lang in Deutschland nur auf Desinteresse traf. Seit der vollumfänglichen Invasion, die am 24. Februar 2022 begann, reiht sich jener Krieg in die Kontinuität russischer Aggression gegen den Westen, den Imperialismus an sich sowie Neokolonialismus ein. Doch trotz der immensen Gefahr, die von Russland ausgeht, trotz der internationalen Involviertheit und trotz der deutschen Mitschuld am Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung, reden deutsche Linke entweder uninformiert oder gar nicht über jenen Krieg. Wir wollen dem entgegentreten, Vorurteile abbauen (bspw. was es mit dem ominösen Asov-Bataillon auf sich hat) und nachskizzieren, wieso und wann Russland die Ukraine überfiel, welche Kriege Russland außerhalb der Ukraine und außerhalb Europas mitverantwortet – und zuallerletzt, und allerdringlichst: Was wir als Linke zum Frieden beitragen können. Eines vorweg: Die Waffen abzulegen und sich Russland zu ergeben ist keine Lösung. Wir schauen uns die anarchistische Gruppe „Radical Aid Force“ an und reden darüber, wie linksradikale, selbstorganisierte Hilfe sowohl an der Front als auch bei der Zivilbevölkerung ankommen kann.

Die Schwarz-Rote Kneipe im Juli findet im DGB-Haus statt. Wir freuen uns darüber, dass wir diese mit unseren Freund*innen vom Arbeitskreis Politik der katho Aachen und der DGBjugend Aachen veranstalten. Trotz anderer Örtlichkeit wird es ein leckeres, veganes Abendessen und kühle Getränke geben. Kommt vorbei! Wir freuen uns euch alle im DGB-Haus wiederzusehen.

16.07.2025 // 18:30h // DGB-Haus // Dennewartstraße 17 52068 Aachen

Statement zur Schwarz-Roten Kneipe im Juli

Wir haben uns entschieden, die Schwarz-Rote Kneipe im Juli nicht im AZ stattfinden zu lassen. Aufgrund verschiedener Vorkommnisse rund ums AZ, zu denen unter anderem schriftliche, als auch verbale Androhungen und Bedrohungen zählten, zu denen ihr euch ein Beispiel in den Slides angucken könnt, haben wir das Gefühl, die Sicherheit der Mitwirkenden der Schwarz-Roten Kneipe nicht mehr gewährleisten zu können. Deshalb wird die Schwarz-Rote Kneipe zum ersten Mal seit 12 Jahren nicht im AZ, sondern im DGB-Haus stattfinden. Dieser Schritt ist uns nicht leicht gefallen und wir müssen uns noch überlegen, wie wir in Zukunft damit umgehen wollen. Zu gegebener Zeit werden wir uns dazu und zu den genannten Vorkommnissen noch einmal konkreter äußern.

ABGESAGT – Schwarz-Rote Kneipe im Juni: Sad but true – Ivan in memory of our friend – ABGESAGT

DIE SCHWARZ ROTE KNEIPE IM JUNI FÄLLT LEIDER AUS. WIR SEHEN UNS IM JULI WIEDER!


Bei der Schwarz-Roten Kneipe im Juni zeigen wir den Film: „Sad But True – Ivan, In Memory of Our Friend“.

„Sad But True – Ivan, In Memory of Our Friend“ ist ein Dokumentarfilm über Ivan Vanya Khutorskoy. Um Ivan formierte sich eine Schutzstruktur, motiviert durch Angriffe auf Punks durch Neonazis bei Konzerten in Moskau. Die gelegentlichen geheimen Club-Konzerte entwickelten sich dank des Schutzes zu einer eigenständigen Subkultur.

Im November 2009 wurde Ivan von dem 28-jährigen Neonazi Alexey Korshunov getötet. Der Film erzählt die Geschichte eines Mannes, der für sein Engagement und für die Ideale von Güte und Menschlichkeit mit seinem Leben bezahlte.

Der Film wird in Englisch mit deutschen Untertiteln gezeigt.

Wie immer gibt es auch ein leckeres veganes Essen gegen Spende. Also kommt vorbei, schaut euch den Film an, spielt eine Runde Kicker oder diskutiert mit uns bei einem kühlen Getränk an der Theke.

Wir sehen uns.

Schwarz-Rote Kneipe im Mai: Völkisch. Katholisch. Antinationalsozialistisch??? Die Soziale Frauenschule Aachen in der NS-Zeit

In der nächsten Schwarz-Roten Kneipe wollen wir uns einem sehr speziellem Stück Aachener Stadtgeschichte widmen: Der Sozialen Frauenschule Aachen in der NS-Zeit.
Dass die Entnazifizierung Deutschlands ziemlich gescheitert ist, dürfte für euch nichts Neues
sein – das Aspekte wie das Vertuschen von Verstrickungen ins NS-System und eine domi-
nante Form der Geschichtsverleugnung auch in der Sozialen Arbeit bis in die Gegenwart ein ziemliches Problem darstellen, vielleicht schon. Dies gilt auch für die Soziale Frauenschule Aachen, an welcher bereits während der NS-Zeit auf der Burtscheider Siegelhöhe sogenannte Volkspflegerinnen ausgebildet wurden. Gemeinsam werfen wir einen Blick auf die Geschichte jener Frauenfachschule zwischen 1933 und 1945, aus welcher sich der heutige Standort Aachen der Katholischen Hochschule NRW entwickelt hat.
Ein unbequemer Teil Stadt- und Sozialgeschichte, garniert mit leckerem veganem Essen und
günstigen Getränken. Wir freuen uns auf den Vortrag von Tim Ernst!

Tim Ernst forscht und promoviert zur Ausbildungsgeschichte der Sozialen Arbeit im Nationalsozialismus.

Besonders freuen wir uns, das wir diese SRK in Kooperation mit den Genoss*Innen vom @arbeitskreis_politik_ac veranstalten.

Es wird wie jedes Mal ein veganes Abendessen gegen Spende geben.

21.05.2025 // 18:30h // AZ Aachen // Hackländerstraße 5